Antonio
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Brief von Antonio vom 9. März 2006

Brief von 
Antonio vom 9.03.06

Brief von 
Antonio vom 9.03.06


9. März 2006
Handschriftlich:

Liebe Josie und lieber Dirk:

Ich habe Euren Brief, der von den Teilnehmern der "Neujahrs-Party" der DKP unterschrieben war, erhalten.

Maschinenschrift an alle:

Ich bin nicht allein

Nichts von all' dem wäre übertriebenes Vertrauen,
s' ist fast unglaublich: aber ich bin nicht allein,
ich habe Hände, die andere Hände halten,
Wahrheit, die fortwährend keimt.

Und außerdem, wenn wir Stimme und Regen sind,
wenn wir wissen, wie man ruhig Blut bewahrt,
wenn wir die Angst heilen können,
wenn wir lieben mit der Liebe ohne Arglist,

dann wird die Tagesreise lang sein,
so lang, dass der Tod keine Eile hat,
und alle Träume weise sind.

Sie wird gut sein, die Reise, so gut,
wir werden die Zukunft überholen
und der Sieg wird sicher sein.

Es ist jetzt, seit der Anhörung unserer mündlichen Beweisführung vor dem Appellationsgericht in Atlanta, ein Monat vergangen (wo unsere gesamten Beweisgründe in wenigen Minuten angehört wurden).
Es gibt noch keine Antwort.
Unser Fall liegt jetzt in den Händen der 13 Richter dieses Gerichts (12 aktiven Richtern und einem Vorgesetzten [bzw. Dienstältesten]).
Wir hoffen, dass diese Antwort nicht genau so viel Zeit in Anspruch nimmt, wie die des 3-Richter-Gremiums nach unserer ersten Anhörung. Wir Ihr schon wisst, gewährte uns dieses Gremium nach Überprüfung des gesamten Falles einen Sieg.
Nun haben die 13 Richter, nach ihren Fragen zu urteilen, ihre Aufmerksamkeit auf die Untersuchung eines Grundaspektes unseres Berufungsantrages konzentriert. Der lautet: "ob Miami der rechte Verhandlungsort für eine unparteiische Gerichtsverhandlung für uns war."
Wir können nicht vorhersagen, wie diese Richter urteilen werden. Es erscheint uns offensichtlich, dass Miami niemals der Schauplatz für unsere Verhandlung hätte sein dürfen. Wir sehen auch, dass unsere Beweisführung so stark ist, dass wir kein Urteil gegen uns erhalten können.
Aber, selbst unter dieser Voraussetzung, wissen wir, dass wir geduldig warten und auf alles gefasst sein müssen.
Natürlich gibt es sehr wichtige Dinge, die nicht mehr zu leugnen sind und die konsequenterweise nach Recht und Vernunft einen Weg vorzeichnen. Diese Dinge haben die Wahrheit hervorgehoben und werden es auch weiterhin tun.
Unter anderen sollte ich folgende erwähnen:
- Unsere Verteidigung enthüllte während der Verhandlung den Terrorismus gegen Kuba und demonstrierte die Berechtigung unserer Aktivitäten gegen diese Geißel. Wir zeigten deutlich, dass nie eine Absicht vorlag, Spionage zu begehen. Wir haben niemanden verletzt, im Gegenteil, wir haben auch Amerikaner beschützt.
- Unsere Erklärungen zu den Strafurteilen.
- Die Beurteilung vom 27. Mai 2005 durch die Arbeitsgruppe der U.N., die zu dem Ergebnis kam, dass unsere Freiheitsberaubung ein Willkürakt sei und die U.S.-Regierung bat, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um diese Situation nachträglich zu revidieren.
- Das Urteil des 3-Richter-Gremiums nach unserer ersten Berufungsverhandlung, das zu dem Ergebnis kam, dass wir keine faire Verhandlung erhielten und unsere Verurteilung und Strafen aufhob und dass wir ein neues Verfahren mit Untersuchungshaft bekommen sollten.
- Und wir sollten hinzufügen:
- Die großartige Arbeit unserer Anwälte für die Berufung und die wachsende Solidarität mit unserem Kampf um Gerechtigkeit.

Inzwischen warten wir auf das Urteil, viele Briefe voll von Ermutigungen und Brüderlichkeit kommen immer noch Woche für Woche bei uns an. Alle sagen uns auf so viel unterschiedliche Arten, dass wir nicht allein sind und dass wir den Sieg erringen und wir in unser Heimatland zurückkehren werden.
Was uns betrifft, so sollte ich erwähnen, dass wir guter Gesundheit und in Hochform sind. Wir halten in unseren jeweiligen Gefängnissen alle 5 eine ausgezeichnete Disziplin aufrecht. Wir versuchen kreativ und vor allem für unsere gemeinsame Sache nützlich zu bleiben: für den Kampf um eine bessere Welt.
Wir sind weder isoliert noch falsch unterrichtet. Dank vieler Freunde erhalten wir Nachrichten in einem breiten Umfang aus den Vereinigten Staaten, Kuba, England und auch aus Deutschland [letzteres handschriftlich am Rand]. Wir werden täglich über das, was die amerikanische Presse über Kuba berichtet, informiert. Wir erhalten wichtige und interessante Bücher aus dem Pathfinder- und Ocean-Press-Verlag sowie von anderen kubanischen Verlagen.
Es stärkt uns, all' das zu lesen und in Anlehnung an José Martí sage ich, es beruhigt uns, es bereitet uns vor, es bereichert uns, und es rehabilitiert uns.
Für einen Revolutionär ist es wesentlich, informiert zu sein und seine Studien und Analysen der Geschichte zu vertiefen.
Gestern habe ich zum Beispiel die Antworten von Professor Noam Chomsky zu den Fragen aus dem Publikum nach der Vorführung des Dokumentarfilms, "Mission gegen den Terror", gelesen. Nachdem er mit seinen Worten einen wichtigen Teil der heutigen Realität der Welt wiedergegeben hatte, die von der imperialen Vorherrschaft der Regierung der Vereinigten Staaten und deren Fangarmen geprägt ist, zog er daraus eine kluge und mahnende Schlussfolgerung. Er sagte: " Aber die Entscheidung liegt bei uns, das ist von Bedeutung. Wir sitzen nicht auf dem Mars, während wir dies alles beobachten. Wir können den Ausgang bestimmen. Aber, wie auch bei allem anderen, durch Teilnahme, nicht nur durch Beobachtung und Spekulationen."
Lasst uns weiterhin Teilnehmer in dem Kampf sein, die sich auf dem Weg zu einer Welt der Gerechtigkeit, des Friedens und der Brüderlichkeit nicht aufhalten lassen. Und ich verwende einen Gedanken von José Martí, um zu formulieren: "Dass der sündigt, der zugunsten von mehr Menschlichkeit nicht das tut, wozu er fähig wäre."
Im Namen der 5 und ihrer Familien schicke ich Euch eine brüderliche Umarmung voller Dankbarkeit für Eure Unterstützung.

Handschriftlich:

Grüße an alle Freunde in Deutschland. Gemeinsam werden wir siegen!

Gez.: Antonio Guerrero R.

 

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