Antonio
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Fünf Jahre nach unseren Verteidigungsreden

Übersetzung aus: "Hoping in Solitude" [Hoffen in der Einsamkeit]
- Antonio, Fernando, Ramón, René, Gerardo -

Erschienen in: Editorial Capitán San Luis, Havana 2008


Von Antonio Guerrero Rodríguez, 4. November 2006, U.S.P. Florence, Colorado

Jene Strafurteile

Ich werde der Richterin gegenüber stehen,
auch, wenn ich weiter in Isolation gehalten werde.

Mag sein, dass es rechtlich fundiert war, aber ich glaube es war so, ich weiß es immer noch nicht. Dennoch war es eine Konzession in der Absicht, uns zu ängstigen und gewissermaßen zu "foltern". Plötzlich erlaubte die Richterin Lenard unsere Anwesenheit während der Strafurteilsverkündung, das heißt, nur bevor wir unser eigenes Strafurteil gehört hatten. Jeder von uns hatte gegenüber unseren Anwälten den Wunsch geäußert, im Gerichtssaal anwesend sein zu können. So kam es, dass die Fünf einander an jenem Mittwoch, dem 12. Dezember 2001, näher sein konnten als je zuvor, als nämlich über Gerardo das ungerechte und harte Strafurteil von zweimal lebenslänglich plus 15 Jahren verhängt wurde.

Ein Mann ist gegangen, seine Freiheit,
Ohne Respekt vor einem Menschenleben, verloren,
Bosheit und arglistige Täuschung gewinnen die Oberhand,
Während die Wahrheit nicht zählt,
Das brutale Urteil, ein kalkulierter Akt
ohne Gerechtigkeit, ist nicht von Bedeutung;
Mein Bruder sah die Verabschiedung seines Urteils mit an.

Am folgenden Tag war es Ramón. Gerardo war nicht mehr bei uns im Gerichtssaal, das heißt, nur physisch nicht, denn seine Seele war da. Ramón erhielt eine lebenslängliche Strafe plus 18 Jahren.
Dann, am Freitag, dem 14., kam René an die Reihe. Fernando und ich waren da. Er erhielt von Richterin Lenard die höchstmögliche Strafe von 15 Jahren Gefängnis und diese peinliche Auflage, die deutlich die Handschrift der terroristischen Mafia von Miami trug. Ich zitiere:
Als Bedingung für eine überwachte Entlassung ist es dem Angeklagten verboten, sich mit speziellen Orten in Verbindung zu setzen oder sie zu besuchen, die dafür bekannt sind, Verstecke oder Aufenthaltsorte für Personen oder Gruppen wie Terroristen, Mitglieder von Organisationen zu sein, die Gewalt befürworten oder Persönlichkeiten des organisierten Verbrechens sind.

Er hielt sich am Katheder fest - mit beiden Händen.
Der Atem ging schwer, Stille raubte den Atem;
Seine Augen so unergründlich wie der Himmel über uns
Mit der Herausforderung und der Gewissheit vor sich,
dass die Verurteilung kommen würde

Die Beleidigung war vorhersehbar;
Zu seiner Rechten
Sah er den Staatsanwalt lächeln,
Er aber war ohne Hass,
Denn seine Worte strömten mit Macht
Und sein Körper war leicht;

Die Mütter waren da,
So tapfer, waren sie unangreifbar,
Wie seine Freunde und sein Volk, deren Seele und Herz,
Und als er sagte, er denke an seine Fahne,
wurde es hell.
Seine Worte gleich einem Speer,

Wenn von diesem Bruder gehört,
Von Ehre und Pflicht, Heimat und Frieden,
Mein Bruder hat ihnen gedient.

Am Dienstag, dem 18. kam ich mit Fernando in den Gerichtssaal. Doch sobald Richterin Lenard eingetroffen war, wurde ich hinaus geführt, denn mein Anwalt konnte bei dieser Anhörung nicht dabei sein. Wie gerne hätte ich auch ihm [Fernando] zugehört, wie er mit unwiderlegbaren Argumenten den in Südflorida organisierten Terrorismus gegen unser Land, finanziert und beschützt durch die US-Administrationen, anprangerte!
Fernando wurde zu 19 Jahren Gefängnis verurteilt.
Neun lange Tage sollten noch vergehen, bis zu meiner Urteilsverkündung. Wir wurden, jeder in einer anderen Etage und in einem anderen Flügel des Bundesgefängniszentrums von Miami in Isolationshaft gehalten. Am 27. Dezember ging ich allein vor Gericht, aber ich trug den Mut meiner Brüder und jedes Wort, das sie gesagt hatten, in meinem Herzen. Daher waren die ersten Worte meiner Verteidigungsrede die:

"Euer Ehren:

Erlauben Sie mir zu sagen, dass ich alles, was meine vier Brüder hier zur Sache gesagt haben, teile: Gerardo Hernández, Ramón Labañino, René González und Fernando González. Sie sprachen mit Würde und Mut vor diesem Gericht."
Mir standen auch meine unerschütterliche Liebe für mein Volk und ein tiefer Respekt vor Wahrheit und Würde zur Seite. Daher fügte ich hinzu: Unsere Verteidigungsreden beruhen auf der vollen Wahrheit, auf der Festigkeit unserer Prinzipien und auf der Ehre unseres heldenhaften kubanischen Volkes."
Fünf Jahre danach lese ich unsere Verteidigungsreden wieder, nur um festzustellen, dass jedes unserer Worte, das wir sagten, heute genau so stark und gültig ist, wie es damals war.
Natürlich würden wir, wenn wir jetzt mit den selben unmoralischen Anklagen vor Gericht gestellt würden, unsere Argumente von damals nicht nur wiederholen, sondern auch neue überwältigende Beweise hinzufügen, um den Terrorismus gegen das kubanische Volk anzuprangern, der keine Fiktion ist oder etwas aus der Vergangenheit. Zu diesem Zeitpunkt spazieren bekennende Terroristen mit einer langen Geschichte der Verbindungen mit der CIA, ohne Reue für ihre Verbrechen und immer noch neue Missetaten ausheckend, auf den Straßen von Miami.
Einige Punkte dürften in einer neuen Verteidigungsrede nicht fehlen:

  • Alles, was mit dem bekanntesten Terroristen der westlichen Hemisphäre Luis Posada Carriles zusammenhängt, der trotz seiner dicken Kriminalakte, die der US-Regierung bekannt ist, nur wegen illegaler Einwanderung angeklagt wurde, alles ist in diesem Fall der unwiderlegbare Beweis für den Standard von Doppelmoral des Imperiums in seinem so gepriesenen "Kampf gegen den Terror".
  • Der berühmte Fall Santiago Alvarez, Posada Carriles' "rechte Hand" und sein Komplize Oswaldo Mitat, angeklagt wegen illegalen Waffenbesitzes, der einzig allein für den Terrorismus gegen Kuba bestimmt ist.
  • Und der Fall Robert Ferro, ein Mann mit langer Terrorismusvergangenheit, ein bekennendes Mitglied von Alpha 66, der in seinem Haus ein Geheimlager für 1.500 Waffen, Sturmgewehre, Gewehre mit Schalldämpfern und unter anderem sogar Granaten versteckt hielt.
Sie würden natürlich kein neues Verfahren gegen uns abhalten und es gleichzeitig vor der Welt verbergen können, noch viel weniger als vor der amerikanischen Bevölkerung, auch wenn sie ihre Medien zur Unterdrückung der Wahrheit benutzten. Heute wird die Solidarität mit unserer Sache von 286 Komitees in 97 Ländern weitergetragen. Diese Solidaritätsgruppen pflegen alles, was mit uns zu tun hat, eng zu verfolgen, und sie würden ihre Stimmen und ihre Verteidigungswaffen aus Rechtschaffenheit so weit erheben, wie sie es schon getan haben, so hoch, dass Betrug und Ungerechtigkeit nicht an sie heran reichen können.
Wie Genosse Ricardo Alarcón es ausdrückte, würde es für die terroristische Mafia von Miami und deren Unterstützer in einen Nürnberger Prozess ausarten. Und aus diesem Grunde haben sie alles getan und werden sie alles in ihrer Macht stehende tun, um zu verhindern, dass das geschieht.
Ich erinnere mich, dass am 27. Dezember, als ich auf das Gelände zurückkam, wohin ich wieder weggesperrt wurde, ein Mitgefangener kubanischer Herkunft auf mich zu kam, - er kannte das Strafurteil schon, weil das Lokalfernsehen die Neuigkeit sofort gesendet hatte, - daher fragte er mich, wie ich mich fühle. Ich überlegte nicht lange, ob ihn gute oder schlechte Absichten dazu bewegten. Es war mir egal. Ich antwortete ihm ehrlich und kurz: "Dies ist der glücklichste Tag meines Lebens."
Er war verblüfft - kein Wunder.
Wie sollte er verstehen können, dass ich glücklich war, weil ich den Terrorismus gegen mein Volk und den so genannten "Krieg gegen den Terror" angeklagt hatte? Wie sollte er verstehen, dass ich glücklich war, meinem Volk und Fidel gegenüber loyal gewesen zu sein? Wie sollte er verstehen können, dass das ein Sieg war?

Diese Strafurteile, sie waren Sophismus [Trugschluss]
- Sophismus, Infamie, Raserei -
eben grausame Strafurteile

Es waren kalte Strafurteile,
die Tarnung für den Hass.
Unsere feste Brust aus dauerhaften Prinzipien

Diese Geschosse konnten sie nicht verletzen.
Unser Grundsatz wurde bestätigt, ihre Trugschlüsse
Durch ihre Handlungen aufgedeckt.

Wir haben gewonnen! Und jene Urteile, wir werden sie anfechten.
Unsere Entschlossenheit nicht aufzugeben, darin liegt unsere Macht.

 

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