Fernando
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23.September 2002

Übersetzung des Antwortbriefes
von
Fernando González
Ruben Campa
#58733-004
Federal Correctional Institut
P.P. Box 1000
Oxford, WI 53952-0505

Liebe Freunde, Josie und Dirk,

es ist mir immer ein Vergnügen, eure Briefe zu erhalten, so informativ und anregend, wie sie sind, voller Solidarität und Unterstützung für uns, unter Berücksichtigung wichtiger Gesichtspunkte allgemeinen Interesses. Bei dieser Gelegenheit möchte ich euch auch meine Dankbarkeit für den Brief ausdrücken, den ihr an die US-Botschaft in Berlin geschickt habt, als Teil der Aktionen, die an diesem 12. September zur Erinnerung an den vierten Jahrestag unserer Verhaftungen stattfanden.

Während ich hier in meiner Zelle sitze und diesen Brief schreibe, bin ich mir bewusst, dass wir, entgegen den Wünschen der US-Regierung, uns der Gesellschaft Tausender von Menschen rund um die Welt erfreuen. Die US-Regierung wollte uns isolieren, und das Blatt hat sich gewendet. Die Zahl unserer Freunde multipliziert sich jeden Tag, und es ist an der US-Regierung, sich isoliert zu fühlen, dank Menschen, wie euch. Ich kann keine Worte dafür finden, die all’ meine Dankbarkeit für euch ausdrücken.

Unsere Freundin vom National Committee to Free the Five schickte uns Kopien der e-mails, die sie von den verschiedenen Komitees rund um die Welt oder von Persönlichkeiten aus verschiedenen Ländern erhalten hat, mit Solidaritätskundgebungen für uns und Darstellungen über ihre Aktionen am Jahrestag unserer Gefangennahme. Ich würde sagen, dass die Kampagne an diesem Tag ein Erfolg war, und ich bin sicher, dass die Botschaft dort ankam, wo sie hin sollte.

Ich schätze eure Berichte über Deutschland. Wir hören keine regelmäßigen Nachrichten aus eurem Land, es sei denn, eine offizielle Stellungnahme, die den Krieg gegen Terrorismus betrifft oder jetzt den Krieg gegen den Irak. Aber ich wollte immer wissen, wie es den Deutschen nach der Wiedervereinigung ergeht. Ich hatte keinen Zweifel darüber, was mit den sozialen Errungenschaften der früheren DDR passieren würde, aber ich habe eigentlich keine Information oder Berichte über die aktuellen Konsequenzen und wie die Gesellschaft nach mehr als zehn Jahren darüber denkt. Für mich ist die Vorstellung, sich unbeschäftigte Ärzte zu halten, irgendwie lächerlich. Es macht keinen Sinn, Gleichstellung anzustreben bei totaler Missachtung des Wohlbefindens der Leute, außer unter streng ökonomischen Gesichtspunkten, ich meine denen des Profits. Wozu ist all’ der Reichtum eines Landes da? Welchen Sinn macht es für ein Land, solchen Reichtum anzuhäufen und ihn dann nicht für das Wohl seiner Menschen zu nutzen? Es ist ein irrationales System, das so funktioniert.

Eine unbeschäftigte Familientherapeutin? Jetzt geht’s los! Es zeigt nur eine Gesellschaft, die ihre Bürger nicht respektiert.

Übermittelt bitte Cuba-sí-Berlin meine Hochachtung für die e-mails, die sie der US-Botschaft geschickt haben.

Ich schätze eure Mitteilung über die Mahnwache vor der US-Botschaft in Brüssel. Ich erhielt noch keine Nachrichten davon, obwohl ich, wie ich euch schon sagte, davon erfuhr, was Claudia Campa in die Wege geleitet hatte und von anderen Aktionen zu unseren Gunsten. Ich bin sicher, dass Katrien Demuynck uns bald von der Mahnwache in Kenntnis setzen wird. Wir erhalten regelmäßig Post von ihr.

Es ist eine großartige Neuigkeit, dass ein Befreiungskomitee in Deutschland geschaffen wurde und ihr zu den Gründungsmitgliedern gehört. Bitte bringt meine Dankbarkeit auch den anderen Mitgliedern gegenüber zum Ausdruck, sowie den Kuba-Freunden aus Hamburg, Essen und Siegburg. Meine Wertschätzung an euch und die anderen Freunde für eure Solidarität, die sich in der Verschiffung eines Containers nach Kuba ausdrückte.

Es gibt keine Veranlassung, sich für euer Englisch zu entschuldigen, eure Briefe sind deutlich geschrieben und eure Gedanken klar ausgedrückt.

Noch einmal, meine Dankbarkeit für alles, was ihr für uns getan habt und für eure Solidarität mit Kuba und seinen Menschen.

In Dankbarkeit
gez. Fernando

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