Gerardo
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Brief von Gerardo vom 2. Januar 2005

U.S. Penitentiary-Victorville, Kalifornien, 2. Januar, 2005

Liebe Josie und lieber Dirk,

ich wollte diesen Brief damit beginnen, Euch zu sagen, dass die Ausgangssperre im Gefängnis vorbei sei und jetzt alles wieder in den Normalzustand überginge, aber seit gestern haben wir wieder Ausgangssperre. [Die Gefangenen dürfen ihre Zellen nicht zu den sonst üblichen Zeiten verlassen - etwa zum Hofrundgang etc., dürfen seltener duschen und bekommen keine warmen Mahlzeiten, Anm. d. Ü.]. Diesmal weiß ich nicht, wie lange es dauern wird.
Ich möchte mich bei Euch dafür entschuldigen, dass ich Euch nicht die Grußbotschaft für die Rosa-Luxemburg-Konferenz geschickt habe. Während der Ausgangssperre waren die Gepflogenheiten in dem Gefängnis sämtlich geändert worden, und die Post kam mit Verzögerung. Ich erhielt Euren Brief vom 22. November und den vom 10. Dezember fast gleichzeitig. Und als ich von der benötigten Botschaft las, war ich fast sicher, dass irgend jemand von meinen Brüdern (vielleicht wieder Ramón) schon eine geschickt hätte. Ich weiß, dass die Veranstaltung sehr erfolgreich sein wird.
Ich habe Josies Rede auf dem José Martí Colloquium gelesen und mag sie sehr, danke, und der Entwurf für den Antrag an das Europäische Parlament ist auch sehr gut. Außerdem danke ich Euch für die Zusendung der neuen Fotos von Adriana mit Alarcón und dem Vizepräsidenten von Venezuela, Rangel, bei ihrem Besuch in diesem Land. Es war ein sehr erfolgreicher Besuch und meine Frau kam sehr beeindruckt von der Unterstützung und Solidarität, die sie erhielten, zurück. Ich brauche nicht zu erwähnen, wie stolz ich auf sie bin, und ich bin sehr froh darüber zu wissen, dass Ihr sie in Havanna wieder getroffen habt (Dank auch für diese Bilder!) Sie lässt Euch grüßen.
Die Bedingungen in diesem neuen Gefängnis sind im allgemeinen besser als die in Lompoc, zumindest sind die Einrichtungen brandneu, und es gibt hier noch immer nicht so viele Leute wie in Lompoc. Ich sehne den Sommer herbei, weil es hier sehr kalt gewesen ist ("sehr" für mich), sogar mit Schnee an einem Tag, weil dies hier die "hohe" Wüste ist, reichlich hoch über dem Meeresspiegel gelegen. (Während ich vom "Meer" spreche, fällt mir die riesige und traurige Tragödie in Asien ein. Mir tun all' diese Menschen sehr leid.).
Der Anpassungsprozess und die "Einrichtung" in diesem neuen Gefängnis waren sehr zeitaufwendig, und es tut mir leid, Euch nicht öfter geschrieben zu haben.
Wenn Ihr diesen Brief erhaltet, sollte die Konferenz schon vorbei sein.. Hat Angela Davis sie schließlich besucht? Ich hoffe es.
Ich las den Bericht von Deisy Francis über Euer Treffen mit unseren Familien, und ich wünschte, Ihr hättet sie öfter als einmal treffen können. Aber es ist so, dass sie immer wegen der Kampagne beschäftigt sind. Danke dafür, dass Ihr mir die Einzelheiten über die jüngste Solidaritätsarbeit in Deutschland und Europa erzählt habt. Ich bin sehr froh, dass Ihr mit den Genossen aus Belgien, Irland und Norwegen etc. zusammen gearbeitet habt, weil ich las, was Günter Belchaus und Graciela Ramírez in Bezug auf die Nominierung für den Nobelpreis geschrieben haben. Ich habe ihm eine Karte geschickt, um ihm meine Dankbarkeit auszudrücken (und ich beging den Fehler, ihm auf Englisch zu schreiben!).
Es gibt nicht genug Worte dafür, Euch zu sagen, wie stolz und dankbar wir für Eure Bemühungen und unermüdliche Solidaritätsarbeit für Kuba und die fünf Kubaner sind. Bitte, jedesmal, wenn Ihr zu irgend einem unserer Freunde sprecht, sagt DANKE (!) in unserem Namen. Und vielen Dank an Euch beide, Josie und Dirk, für Eure andauernde Unterstützung!

Ich wünsche Euch, Euren Familien und allen unseren Genossen in Deutschland ein glückliches und erfolgreiches 2005, in der Hoffnung, dass es ein positives Jahr für die Menschen wird, die von einer besseren Welt träumen ( und dafür kämpfen). Grüße vom 46. Jahrestag der Kubanischen Revolution!

Hasta la Victoria siempre!

Mit einer Umarmung von den Fünf

Gez.: Gerardo

P.S.: Ich habe gehört, dass "Mission against Terror" sehr gut gelungen ist. Ich wünschte, Ihr könntet es in Deutschland bald sehen...

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