Gerardo
Gerardo

 

Brief von Gerardo vom 19. April 2010

Gerardo

Liebe Josie, lieber Dirk,

Ich habe Euren Brief vom März erhalten. Es ist immer gut, von Euch zu hören. Tatsächlich waren wir für längere Zeit im "Lock Down" [Zelleneinschluss]. Aber die letzten Wochen waren "ruhig", und hoffentlich hält die Ruhe an. Ich habe einen Brief angekündigt, der "nie existierte". Tut mir leid. Meine Routine wurde von einem neuen Zellengenossen gestört - erstens - und dann hatte ich eine sehr böse Erkältung. Dazu kommt der "Briefregen" und die Anfragen, die nie aufhören... Aber jetzt schreibe ich Euch wieder! Vielen Dank, dass Ihr mir den Artikel in der Sonderausgabe der "jungen Welt" und die Übersetzung geschickt habt [gemeint ist die Beilage der Roten Hilfe zum Tag des politischen Gefangenen am 18. März]. Es ist ein guter Artikel, und es ist sehr wichtig, dass er erschienen ist.
Ich muss Euch auch dafür danken, dass Ihr mir das Foto vom jährlichen Treffen des Cuba-Netzwerks geschickt habt. Danke auch an H.W. Hammer. Ich weiß, dass ihr Kontakt zu Tony Walton, dem Dichter aus U.K., hattet, aber für den Fall, dass er ihn Euch nicht geschickt hat, lege ich einen Briefwechsel zwischen ihm und den Vertretern von Amnesty International im U:K. bei. Er ist sehr interessant. (Zwei Seiten).
Der letzte Brief, den ich von Euch bekommen habe, war vom 29. März. Ich kannte den Artikel von COHA nicht, vielen Dank, dass Ihr ihn geschickt habt. Es ist sehr wichtig, dass Ihr korrigierende Kommentare schreibt. Die Leute unterschätzen dieses Instrument. Aber wenn jemand die Artikel liest, liest er normalerweise auch die Kommentare. Darum ist es sehr wichtig, zu versuchen, unsere Sicht zu veröffentlichen. Ich danke Euch auch für die anderen Briefe - ich meine Fotos - von H.W. Hammer. Ich hoffe, Euch und Eurer Familie geht es gut. Wir arbeiten mit den Anwälten für die Berufung, die im Juni beantragt wird. Ich hatte kürzlich Besuch von Weinglass, der die Arbeit leitet.
Wie immer schicke ich unsere Grüße und Anerkennung an alle Freunde in Deutschland und insbesondere an Euch im Namen von Adriana und mir.

Eine kräftige Umarmung

Gerardo


Brief von Amnesty International an Tony Walton

Amnesty

Lieber Herr Walton,

vielen Dank für Ihren Brief vom 4. Februar. Ich entschuldige mich für die verspätete Antwort. Wir haben Ihre Fragen jetzt mit den Investigatoren des IS (Amnesty Internationals Sekretariat) in den USA diskutiert und Informationen über Arbeiten in Zusammenhang mit diesem Fall von Kollegen von AIUK hier gesammelt, von denen ich hoffe, dass sie von Interesse für Sie sind.
Amnesty International bezieht keine Stellung zu der Frage, ob die Cuba/Miami 5 schuldig oder unschuldig sind. Unsere Arbeit bezieht sich zurzeit auf zwei der Fünf, René González und Gerardo Hernández, deren Ehefrauen Olga Salanueva und Adriana Pérez, Visa, die ihnen den Besuch ihrer Ehemänner erlauben würden, verweigert werden.
Während der juristische Prozess andauerte, war Amnesty International nicht aktiver im Fall der Cuba/Miami 5. Jetzt, wo der juristische Vorgang mehr oder weniger beendet ist (ein Antrag auf Berufung wurde kürzlich vom Supreme Court abgelehnt), überprüft das Amnesty International Team in den USA den Fall und arbeitet an einem Papier über unsere Bedenken. Unsere derzeitige Position bleibt bestehen: Amnesty International bezieht keine Stellung zu der Frage, ob die Cuba/Miami 5 schuldig oder unschuldig sind.
Amnesty International (IS) wird weiterhin die Kampagne für René González und seine Frau Olga Salanueva und Gerardo Hernández und seine Frau Adriana Pérez bezüglich der Angelegenheit mit den verweigerten Visa unterstützen. Das Portfolio für Einzelpersonen des IS (das interne System zwischen IS und den Sektionen für Präsentation und Handhabung der Fürsorge für langzeitig gefährdete Personen) enthält für beide Ehepaare Anträge, Aktionen für beide Männer anzuregen und Solidaritätsaktionen anzustreben, in denen die US-Behörden aufgefordert werden, den Ehefrauen aus humanitären Gründen Visa zu gewähren, damit sie ihre Ehemänner im Gefängnis besuchen können. Dies ist keiner der Fälle, die zurzeit im Portfolio von Amnesty International UK für gefährdete Personen enthalten ist.
Trotzdem ist Shane Enright (AIUKs Manager für Gewerkschaftskampagnen) aktiv geworden (in Übereinstimmung mit Amnesty Internationals Position und Besorgnis bezüglich René González und Gerardo Hernández), in Verbindung mit einer Kampagne der UNITE und arbeitet mit UNITE daran, wo es möglich ist.
Im Juli 2008 sprach Shane in einem Film, der von UNITE produziert wurde, über Amnesty Internationals Bedenken - der Film kann unter
http://www.unitetheunion.com/campaigns/the_miami_five.aspx angesehen werden.
Außerdem sprach Shane auf dem UNITE-Treffen der Gewerkschaft am Rande der Konferenz der Labour Party, wo er Olga Salanueva und Adriana Pérez traf und ihnen die Entschlossenheit von Amnesty International versichern konnte, für Erteilung zeitlich begrenzter Visa einzutreten.
Ich möchte Ihnen noch einmal dafür danken, dass Sie sich an Amnesty International gewandt haben. Ich wünsche Ihnen alles Gute.

Hochachtungsvoll

Naomi Burt
Supporter Care Coordinator


Brief von Tony Walton an Amnesty International

Amnesty

Naomi Burt
Amnesty International (UK)
The Human Rights Action Centre1
7-25 New Inn Yard
London EC2A 3EA

22. März 2010

Liebe Naomi,

danke für Ihren Brief vom 12. März. Ich muss Ihnen mitteilen, dass ich weiterhin geschockt und bestürzt bin, dass Amnesty International so wenig für die Cuban Five getan hat.
Sie sagen: "Jetzt, da die rechtlichen Verfahren mehr oder weniger zu Ende sind (die Petition zur Entlassung wurde kürzlich vom Supreme Court abgelehnt) ..." Dazu zwei Gegenargumente: erstens, das, auf was Sie sich als "kürzlich" geschehen beziehen, geschah vor neun Monaten - innerhalb dieser Zeit hatten drei der Fünf ihre Strafmaßreduzierungsverhandlungen, Antonio Guerrero im Oktober und Ramón Labañino und Fernando González im Dezember, und zweitens muss ein "Habeas-Corpus-Berufungsantrag" im kommenden Juni eingereicht werden - daher ist der Rechtsweg noch nicht beendet, auch wenn dieser Versuch, wie Gerardo Hernández es beschreibt, auf "reiner Spekulation" beruht.
Ich würde sehr gerne wissen, ob es AI-Politik entspricht, dass es in allen Fällen, derer sie sich annimmt, "keine Stellung zur Schuld oder Unschuld" der Gefangenen bezieht. Wenn nicht, müsste ich wissen, warum dieser Fall eine Ausnahme ist.
Aber auch, wenn Sie annehmen, dass diese Männer zu Recht verurteilt sind - auch, wenn Sie es für begründet hielten, dass die drei Strafreduzierungsverfahren in der selben Stadt, vor der selben Richterin abgehalten wurden - muss AI die riesig überzogenen verhängten Strafmaße ansprechen oder unter allen Umständen in Betracht ziehen. Vergleiche mit anderen ähnlich gelagerten Anklagen nach der selben Rechtsprechung zeigen, dass diese Männer eine entsprechend durchschnittliche Strafe schon vor einigen Jahren verbüßt hätten. Stattdessen befinden sie sich zurzeit auf der Hälfte ihres zwölften Jahres in Hochsicherheitsgefängnissen.
Was Ihre Vertretung für das Recht der Ehefrauen von Gerardo Hernández und René González betrifft, ihre Ehemänner im Gefängnis besuchen zu dürfen, so wird diese auf Ihrer Website nicht hervorgehoben. Tatsächlich ist die letzte Aktualisierung vom 26. März 2009 - von vor fast einem Jahr! Welche Fortschritte wurden seit Ihrer "Verpflichtung, sich dafür einzusetzen, dass ihnen Visa gewährt würden" - oder seit diese tatsächlich diese Versicherung von Shane Enright auf der Labour Party Konferenz im vergangenen September erhalten hatten? Natürlich wäre das kein Problem mehr, wenn ihre Ehemänner frei wären, wie es alle fünf Männer nach jeglicher [Straf-]Bemessung einer unparteiischen Justiz verdient hätten.
Wie lange wird es dauern, bis wir die Ergebnisse der Arbeit ihrer Abteilung "auf einem unsere Bedenken ausdrückenden Papier" nachlesen können? Wie lange wird es tatsächlich dauern, bis die Cuban Five an die Spitze ihrer Tagesordnung gesetzt werden? So lange (fürchte ich) wie es dauert, bis Ihre Organisation den Mut hat, die Vereinigten Staaten für ihre Heuchelei bei der Schutzgewährung für bekennende Terroristen zur Rechenschaft zu ziehen und für ihre Dienstvergehen bei der grausamen Bestrafung derer, die versucht hatten, diese Aktivität zu offenbaren, um ihr Land zu verteidigen. Bis dahin liegt die Schande auf Ihnen.

Aufrichtige Grüße

Gez.: Tom Walton

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