Antiterroristas, 6. Dezember 2005

Interview mit der Mutter von Antonio Guerrero in Mexiko: "Eine Mischung aus Ehre und Schmerz"

Sonia Serrano Iñiguez

Guadalajara

Publiziert in "Milenio", Mexiko, 5. Dezember 2005

1992 verließ Antonio Guerrero Kuba, um nach Panama und später in die Vereinigten Staaten zu gehen. Zurück ließ er eine bestürzte Familie, die glaubte, er habe die Prinzipien der Revolution verraten. Es dauerte sechs Jahre bis sie erfuhr, dass er in Wahrheit ein Mitglied des kubanischen Geheimdienstes war, und dass seine Aufgabe darin bestand, Informationen zu sammeln, um Angriffe gegen die Insel zu verhindern. Sie erfuhr das, als er, gemeinsam mit vier anderen Kubanern, von der US-Regierung festgenommen wurde und der Verschwörung und des Terrorismus' beschuldigt wurde [Er wurde nie des Terrorismus' beschuldigt]. Seit sieben Jahren sitzt er jetzt im Gefängnis. Seine Mutter, Mirta Rodríguez, sagt, sie empfinde "eine Mischung aus Ehre und Schmerz."

Die 73jährige Mirta besucht Guadalajara, um auf der dortigen Buchmesse eine Sammlung von Gedichten, die ihr Sohn im Gefängnis geschrieben hat, vorzustellen und um in erster Linie noch einmal von den Unregelmäßigkeiten des Gerichtsverfahrens in den Vereinigten Staaten zu berichten.

Was haben diese sieben Jahre für Ihre Familie bedeutet?

Wir sind stolz auf ihren Mut, ihr Ehrgefühl, ihren Patriotismus. Wir mussten viele schwierige Dinge erdulden - wie die 17 Monate, die sie in Isolationshaft verbrachten - es ist sehr grausam, und man weiß nicht, wann es zu Ende ist.

Wann haben Sie Ihren Sohn zum letzten Mal gesehen?

Im April 2005, aber davor konnte ich ihn 15 Monate lang nicht besuchen.

Was geschah während jener 17 Monate in Isolationshaft?

Man hat uns nie etwas darüber gesagt, man sagte immer, es ginge ihnen gut.

Wussten Sie, dass Ihr Sohn Mitglied des kubanischen Geheimdienstes war?

Nein, diese jungen Leute konnten nichts sagen, als sie abreisten. Man muss das verstehen, es ist eine sehr heikle Angelegenheit.

Was hat Ihr Sohn in Kuba gemacht?

Er ist Ingenieur für Flughafenbau. Er hat in der Sowjetunion studiert.

Glauben Sie, dass er nach Kuba zurückkehren wird?

Politische Fälle sind in jedem Staat schwierig, aber in den Vereinigten Staaten - dem Kuba gegenüber feinseligsten Land - noch schwieriger. Ich glaube, dass er irgendwann frei sein wird.

Wie kommt es, dass Sie so stark wirken?

Ich bin 73 Jahre alt und versuche durchzuhalten, weil mein Sohn büßen muss, obwohl er ein hochanständiger Mann ist. Würde ich meiner Traurigkeit erlauben, mich niederzuraffen, täte ich als Mutter, glaube ich, nicht das Richtige für meinen Sohn, und das hat er nicht verdient. Ich kämpfe, ich weine - ich kann das nicht abstreiten, weil es so weh tut. Aber es gibt Zeiten, in denen ich nicht weinen darf, da reiße ich mich zusammen. Es gibt soviel Hass. Mit diesen fünf jungen Männern bestraft man Kuba, man bestraft ein ganzes Volk.

Aber es kann doch auch sein, dass sie von der kubanischen Regierung benutzt werden, schließlich werden sie ständig im Fernsehen und den Zeitungen als Helden ...

Nein, so habe ich das nie gesehen. Sie sind fünf Männer, die nicht nur ihre Familien verteidigen, sondern ganz Kuba und sogar das Land, in dem sie sich jetzt befinden. Die Regierung unterstützt uns in allem, denn wenn wir nicht Krach schlagen, sterben wir - und unsere Kinder werden da drüben verrotten.

Sie behaupten häufig, dass ihre Rettung ein internationaler Kampf sei ...

Jene, die über diesen Fall sprechen, helfen uns, denn man versucht sie lebendig zu begraben. Es ist eine Frage der Zeit, der internationale Kampf hat begonnen - er wird die Mauer des Schweigens durchbrechen.

Deutsch: ¡Basta Ya!

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