Den Miami Herald das Lesen lehren: Gerardo Hernández's "Habeas Corpus Petition"

28. Dezember 2010, Machetera

Am Sonntag, dem 28. Dezember, setzte Jay Weaver im Miami Herald eine Geschichte über die "Habeas Corpus Petition" für Gerardo Hernández, der zurzeit eine doppelt lebenslängliche Strafe im Hochsicherheitsgefängnis von Victorville, Kalifornien, verbüßt, in Umlauf. Der Artikel wurde danach für die Veröffentlichung in der spanischen Ausgabe, El Nuevo Herald, übersetzt. Die Geschichte mit der Überschrift ("Kehrtwendung, kubanischer Spion sagt, der Abschuss der Flugzeuge sei über internationalem Gewässer gewesen") erhob die sensationelle Behauptung, dass Hernández in seiner Berufungseingabe hinsichtlich der Ereignisse des 24. Februars 1996, als zwei Leichtflugzeuge der Gruppe "Brothers to the Rescue" aus Miami auf Anordnung ihres Kommandeurs Jose Basulto in den kubanischen Luftraum eindrangen und von kubanischen MIGs abgeschossen wurden, eine Kehrtwendung um 180 Grad gemacht habe.
Sensationen ziehen natürlich Leser an, bieten aber keinen Ersatz für eine gut recherchierte Geschichte oder die Wahrheit. Sorgfältiges Lesen von Hernández's Berufungstext führt nicht zu dem von Weaver oder dem Herald behaupteten Schluss. Ich werde darauf in den kommenden Veröffentlichungen weiter eingehen. Für den Moment lauten meine Kommentare sowohl über den Miami Herald wie den El Nuevo Herald wie folgt.
Es überrascht nicht, dass es José Basulto und auch dem Miami Herald großes Vergnügen bereitet, sich vorzustellen, Gerardo habe mit seiner Habeas-Corpus-Petition eine "Kehrwendung" gemacht, die der Position der kubanischen Regierung widerspricht, aber das ist eine Missdeutung des Berufungstextes, der für jeden an den rechtlichen Fakten wirklich Interessierten öffentlich zur Verfügung steht.
Es wird oft vergessen oder geflissentlich übersehen, dass die Internationale UN-Organisation für Zivile Luftfahrt (ICAO) ihren eigenen Report nie veröffentlicht hat. Eines steht fest, dass die Radaraufzeichnungen der USA im Widerspruch zu denen Kubas stehen. Dennoch "verfügten" die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, die keine Luftfahrtexperten sind, dass der Abschuss über internationalem Gewässer stattfand. Dies wiederum führte das Gericht von Miami dazu, Basulto und Maggie Khuly als erste Quellen für diese Geschichte anzuerkennen und dass Millionen Dollars kubanischen Vermögens eingefroren wurden.
Hernández's Berufungstext besagt eindeutig, dass sein ihm zugewiesener Anwalt Paul McKenna, statt ihn gegen die eigentliche Anklage, er habe von einem kubanischen Plan, die Flugzeuge illegal über internationalem Gewässer abzuschießen, gewusst und bereitwillig dabei geholfen, zu verteidigen, die "Augias-Aufgabe" [wie Herkules, der den Augias-Stall ausmisten musste, Anm. d. Ü.] übernommen, die Ermittlungen der ICAO vom Ort des Abschusses aufzugreifen und zu versuchen, eine Jury in Miami davon zu überzeugen, dass der UN-Sicherheitsrat und das Gericht von Miami die Sache falsch verträten. Aber der Abschussort war nicht Gegenstand der Anklage gegen Gerardo. Diese verfehlte Verteidigungstaktik ist nur einer von vielen Irrtümern, die selbst die US-Regierung in einer Tabelle aufführt, die dem Berufungstext beigefügt ist. Sie beraubten Hernández seines durch die Verfassung verbrieften Rechts auf ein faires Verfahren. Daher müsste er entweder freigelassen werden oder ein neues Verfahren erhalten.
Der Berufungstext weist auch darauf hin, dass McKenna die US-Regierung nie darum ersucht hatte, ihre Satellitenaufnahmen vom Tag des Abschusses zur Verfügung zu stellen, was die Frage nach dem Abschussort ein für allemal hätte klären können. Die ICAO forderte während ihrer Ermittlungen eine solche Information an, die sie jedoch nie erhielt. Also, noch einmal: Obwohl es für die Frage, ob Hernández durch die Fehler seines Verteidigers eines fairen Verfahrens beraubt wurde, irrelevant ist, scheint der tatsächliche Abschussort fraglich zu bleiben. Bis heute wurde diese Information nie freigegeben.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb)

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