Rede von Katrien Demuynck (Initativa Cuba Socialista Belgica) am 31.5.2003 auf der X-Jahresfeier des Netzwerks

(Übersetzung nach Tonbandaufnahme aus dem Spanischen von Renate Fausten)

Vielen Dank. Ich möchte mich zunächst bei den Organisatoren der Veranstaltung dafür bedanken, dass sie mich hier sprechen lassen.

Ich glaube, dass wir schon genug Informationen erhalten haben durch den cubanischen Compañero und auch durch James. Deshalb möchte ich mich vor allem auf das konzentrieren, worin die Kampagne besteht und wie wir sie vielleicht voranbringen können, um natürlich so schnell wie möglich die Rückkehr der Fünf zu erreichen.

Die Kampagne als solche ist sehr jung. Sie begann vor kaum zwei Jahren im Sommer 2001. Es gab sofort eine große Unterstützung in den Vereinigten Staaten selbst für das Komitee für die Befreiung der Fünf, das dort von Gloria La Riva und Alicia Hrapko geleitet wird, außerdem von Claudia Camba aus Argentinien.

Es war so, dass wir uns in den ersten Kontakten über E-Mail in den Jahren 2001 und 2002 entschlossen, eine erste weltweite internationale Kampagne ins Leben zu rufen, einen ersten internationalen Aktionstag.

An dieser ersten Kampagne, die im September 2002 stattfand, nahmen 24 Länder teil. Man wird vielleicht sagen: Das ist nicht viel. Andererseits finde ich, dass es schon etwas ist, denn wie Sie wissen, ist das erste, was nötig ist, das Schweigen zu brechen. Also kommen wir in diesem Moment mit jeder Kampagne, mit jedem Komitee, das zu funktionieren beginnt, einen Schritt weiter in dieser sehr wichtigen, ja vielleicht wichtigsten Sache.

Dieser erste Aktionstag war ein Impuls, um viele weitere Komitees weltweit zu gründen. Ich weiß momentan nicht die exakte Ziffer aber vor kurzem teilte mir Sergio Corrieri vom ICAP mit, dass es schon mehr als 120 auf der ganzen Welt gibt, die daran arbeiten. Gut, im Januar 2003 gab es einen wichtigen Event auf Weltniveau, zumindest für die Völker an ihrer Basis: das Weltsozialforum in Porto Alegre.

Und wir verständigten uns vom einen Kontinent zum andern, zu versuchen, an diesem Ort die Gründung einer Arbeitsgruppe zu erreichen, die sich mit den Fünf befasst, was auch gelang. Und seit diesen Kontakten mit Claudia Camba und Gloria La Riva beschlossen wir außerdem zu versuchen, all diese Aktivitäten ein bisschen besser zu koordinieren.

Und so geschah es, dass man mich fragte, ob ich nicht für Europa zuständig sein wollte. Das ist nichts, was ich mir verdient hatte. Es war einfach Zufall. Und in jenem Augenblick schlugen wir dort in Porto Alegre vor, einige Maßnahmen zu ergreifen, um sozusagen ein paar Richtlinien zu erarbeiten, an denen sich die Komitees weltweit orientieren könnten, um auf diese Art und Weise die gemeinsamen Anstrengungen bestmöglich zu nutzen und zu vereinen. Nun, das erste war natürlich, auf internationaler Ebene mit der Petition weiter zu kommen, die, glaube ich, am Stand des Komitees "Basta Ya" ausliegt und auch an unserem Stand der "Initiativa Cuba Socialista" aus Belgien.

Der zweite Punkt war der, das Schweigen zu brechen und die Seiten in der New York Times zu kaufen, worüber uns James schon erzählt hat. Wir wissen, das dies sehr teuer ist. Darum glaube ich, dass eine der Sachen, die wir tun müssen, darin besteht, dass wir versuchen, Geld zu sammeln, was sicher nicht einfach ist, aber wir müssen es versuchen, um wirklich diese Seiten dort realisieren zu können.

Ein anderer Punkt, den ich für sehr wichtig halte, ist der, sich an Juristen zu wenden und an Studierende der Rechtswissenschaften, damit sie sich mit dem Fall beschäftigen. Das ist von Europa aus nicht leicht, da das hiesige Rechtssystem sich sehr von dem der USA unterscheidet, aber ich halte es für sehr wichtig, dass auch auf diesem Niveau Druck entsteht. Eine andere Entscheidung in Porto Alegre war unter anderem die, nochmals internationale Aktionstage zu initiieren, und zwar vom 30.März bis zum 7.April. Das war der Stichtag, an dem die Anwälte die Appelation vor dem Gerichtshof von Atlanta einreichen mussten.

Gut, dies alles wurde beschlossen. In der Zwischenzeit – mittlerweile war es Ende Januar – verstärkte sich, wie Sie alle wissen, die Aggressivität der Vereinigten Staaten trotz der Meinung der Völker, trotz der großen Demonstrationen für den Frieden überall auf der Welt. Und eine Konsequenz dieser Aggressivität, dieses Anwachsens ihrer Aggressivität war unter anderem die, dass sie zwischen dem 28.Februar und dem 3.März die fünf Compañeros einmal mehr in Isolationszellen steckten.

Sie alle wissen, dass dies eine unmenschliche Situation ist. Wir – und mit Sicherheit auch einige von Ihnen – hörten die Berichte von Olga und Adriana in Genf, wo sie beschrieben, wie diese Isolierung aussieht einschließlich der Tatsache, dass Olga, eine der Compañeras, die zu uns sprachen, zum Zeitpunkt ihrer Rede kein einziges Lebenszeichen von ihrem Ehemann hatte.

Nach Angaben der USA geschah es aus Gründen der nationalen Sicherheit, dass man sie auf diese Weise isolierte. Weinglass selbst sagte bei mehreren Gelegenheiten, dass die Fünf zu dieser Zeit schlimmeren Bedingungen ausgesetzt gewesen seien, als sie Mumia Abu Jamal im Todestrakt zu ertragen hatte. Das heißt, es war eine sehr schwierige Situation. Aber ich glaube, dass genau diese Situation als zusätzliche Kraft diente für unseren Aufruf zum Aktionstag der internationalen Solidarität. Wir nutzen zum Beispiel von Belgien aus das Internet als Waffe, die sie nicht aus dem Weg räumen können. Von Belgien aus entwarf zum Beispiel ein Compañero des Komitees, der sehr gut Englisch spricht, einen Modellbrief an Ashcroft. Nun, dieser Brief fand weltweite Verbreitung, und mir wurde hinterher klar, dass er selbst aus dem Senegal und aus dem Kongo geschickt wurde.

Es gab Reaktionen aus verschiedenen Ländern. In Europa zum Beispiel bereiteten sich acht Länder auf diese Solidaritätskampagne für die Fünf vor. Weltweit waren es schon dreißig. Es gab nun schon einige Länder und Gruppen mehr. Außerdem muss ich sagen, dass es in gewissen Ländern verschiedene Gruppen gab, die solche Aktionen durchführten, so dass mich am 30.März, als wir in Brüssel mit der ersten Aktion dieser Kampagne anfingen, nachts eine Mail von Weinglass erreichte mit der guten Nachricht, dass die Fünf wieder in den normalen Strafvollzug überführt worden seien. Und Weinglass sagte sofort, dies sei aufgrund der internationalen Solidarität erreicht worden.

Sehen Sie, vielleicht ist es ja nur ein kleiner Erfolg. Ich war einerseits sehr zufrieden in jener Nacht, andererseits war ich mir völlig bewusst, dass die da machen, was sie wollen. Heute holen sie sie raus, morgen stecken sie sie wieder rein. Es wird von uns, von unserer Stimme und von unserem Aufruf abhängen, ob sie sich erlauben können, in dieser Art weiterzumachen.

Um konkreter zu werden: Unsere wichtigste Aufgabe besteht, glaube ich, darin, das Schweigen zu durchbrechen. Für uns hier in Europa ist das natürlich das wichtigste, worauf wir hinarbeiten müssen.

Aber wir müssen uns klar machen, dass es wichtiger ist, in den Vereinigten Staaten das Schweigen zu brechen. Wir müssen hier arbeiten, aber es ist die öffentliche Meinung dort, die nötig sein wird, sie aus dem Gefängnis zu holen.

Also möchte ich noch einmal den Aufruf wiederholen, Geld zu sammeln, um jene Seiten in der New York Times zu kaufen, die sehr wichtig sind. Es gibt dafür Präzedenzfälle in der Geschichte. Es mag vielleicht seltsam erscheinen, aber zum Beispiel die Kampagne für Angela Davis bekam einen direkten, sehr starken Impuls, als es gelang, den Fall zu publizieren. Mumia Abu Jamal ist noch am Leben Dank der Tatsache, dass man Pressekampagnen durchführte. Darum ist dies, wie ich meine, von wesentlicher Bedeutung. Wir müssen dafür Geld sammeln.

Zweitens müssen wir natürlich weiter an der Petition arbeiten, an der internationalen Unterstützung und am Aufruf. Die internationale Bewegung ist von äußerster Wichtigkeit. Wir müssen mit der Presse arbeiten. Das müssen wir erreichen, obwohl es sehr schwierig ist. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie extrem schwierig es ist, sie dazu zu bringen, dass sie die Fünf überhaupt mit einem Wort erwähnen, geschweige denn mit einem guten.

Aber wir müssen daran weiterarbeiten. Wir müssen Augenblicke wie diesen nutzen oder auch den Besuch eines Cubaners. So wurde beispielsweise in Belgien die Compañera Aleida Guevara von der Sozialdemokratischen Partei eingeladen.

Wir waren an allen Orten anwesend, wo sie redete, konnten Unterschriften und Geld sammeln. Sie ihrerseits sprach natürlich überall das Thema an. Das half uns in Belgien sehr, ohne dass wir dafür Geld ausgeben mussten. Schließlich sind wir, die wir hier versammelt sind, alle arm. Wir müssen versuchen, die Möglichkeiten zu nutzen, die sich uns bieten.

Darüber hinaus glaube ich, und das, was ich von meinen Vorrednern gehört habe, bestärkt mich in dieser Idee, dieser Überzeugung, dass es sehr sehr wichtig ist, die Kampagne für die Fünf mit der Antikriegskampagne zu verbinden. Es ist ein und dieselbe Kampagne. Obwohl es nicht für alle Leute leicht zu verstehen ist, müssen wir diese Tatsache erklären. Ich glaube, dass es heute schon klarer ist, heute, da hohe Repräsentanten der Regierung der Vereinigten Staaten im Brustton der Überzeugung offen vor den Medien sagen: Nach Irak Cuba.

Wir wissen alle, dass die Aggressivität gegen Cuba in den letzten Monaten mit unglaublichem Tempo gewachsen ist. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat es sich nach dem Fall der Mauer in Berlin, wo wir uns gerade befinden, erlaubt, die Oberhoheit zu übernehmen. Das heißt, es gibt kein Gleichgewicht mehr, es gibt im Moment überhaupt keine Balance auf der Welt. Sie haben die militärische Macht, die finanzielle Macht, jede erdenkliche Macht und sie erlauben sich alles. Das ist das Erste.

Das Zweite ist: Der 11.September hat ihnen die Möglichkeit gegeben, eine Paranoia zu schaffen, eine Angstpsychose, die ihnen erlaubt hat, das zu brechen, was sie immer ein wenig aufgehalten hat: das berühmte Vietnam-Syndrom, das sie immer davon abgehalten hat, wo es ihnen gerade einfällt, nordamerikanische Truppen hinzuschicken. Gut, zur Zeit erlauben sie sich aufgrund dieser Angst, dieser Psychose, die sie nach den Attentaten des 11.September erreicht haben, alles Mögliche und bis jetzt wird das so vom Volk der Vereinigten Staaten akzeptiert.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um einen kleinen Ausschnitt eines Briefes von Ramon vorzulesen, eines Briefes vom September 2002, das heißt Monate vor der Aggression gegen den Irak, in dem eine sehr klare Vision deutlich wird, ein Aufruf, sich zu vereinen gegen solches Unrecht, gegen eine neue Weltordnung, die ausschließlich zum Krieg hinführt. Dies sind Ramons Worte:

"Ich möchte, liebe Brüder, eure Aufmerksamkeit darauf lenken, dass dies ein idealer Moment ist, uns zu vereinen, zu verstärken und alle Kräfte des Guten in der Welt zu erheben in diesem Kampf gegen den Imperialismus und den Kapitalismus in all ihren Formen und Manifestationen. Es ist der Imperialismus mit seiner aggressiven und verbrecherischen Natur, der Kriege und Zerstörung gebiert, die so nötig sind für den Erhalt seiner selbst. Das ist der wahre Feind aller Völker unseres Planeten. Die Welt muss sich verändern. Diese so ungerechte, aus dem Gleichgewicht geratene, instabile und zerstörerische Weltordnung muss verschwinden, und ein neues soziales System, gerechter und ausbalancierter für alle, also eine viel bessere Welt, ist möglich und notwendig. Und der Sieg ist nahe, er ist in Reichweite unserer Hände. Wir müssen uns nur zusammenschließen und für ihn kämpfen und hoffentlich wird unser kleines und bescheidenes Bemühen auf die eine oder andere Weise dazu beitragen. Ihr sollt wissen, dass wir stets an eurer Seite sind, dass ihr immer auf uns zählen könnt bei jedem Werk und jeder Aufgabe zum Wohle der Armen und Unterdrückten der Menschheit. Rechnet mit unserer ewigen Loyalität gegenüber allem Guten in der Welt. Uns bleibt nur zu hoffen, dass wir uns schon bald mit euch vereinen und gemeinsam den Sieg feiern können.

Mit brüderlichen Grüßen

Ramón Labanino Salazar"

Also müssen wir die Kampagne für die Befreiung der Fünf und gegen die Aggression der Vereinigten Staaten verstärken.

Ich bin der Überzeugung, dass wir die beiden Themen immer miteinander verbinden müssen; so steht es auch in der Broschüre unserer deutschen Compañeros. Ich würde gerne schließen mit einer Einladung. Wir werden versuchen, das europäische Netz bei der Kampagne für die Fünf zu verstärken. In diesem Jahr gibt es keine Konferenz der europäischen Solidaritätsbewegungen. Also möchte ich gerne diejenigen, die können, die die Möglichkeit dazu haben, einladen, am 4.Oktober am Solidaritätsevent "Che presente" in Brüssel teilzunehmen, der unter dem Motto steht: "Befreien wir die Fünf, bekämpfen wir den Krieg und den Terrorismus der Vereinigten Staaten".

Ich hoffe Sie dort wiederzusehen. Ich hoffe, dass Sie mit viel Mut beim Kampf um die Befreiung der Fünf weitermachen.

Und seien wir gewiss, dass die 5 zurückkehren werden!

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