Karl Heinz Jahnke (* 24. August 1934 in Rostock; † 14. September 2009) war ein deutscher Historiker. Er wirkte als Hochschullehrer für Neue und Neueste Geschichte.
Ab 1966 war er Dozent in Greifswald, ab 1968 in Rostock, wo er 1973 eine Professur für Deutsche Geschichte der neuesten Zeit antrat. Seine wichtigsten Forschungs- und Lehrthemen dort waren Geschichte der NS-Diktatur und des Widerstands, Jugendbewegung und Regionalgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns. Besonderen Verdienst erwarb er sich mit der Erforschung des Jugendwiderstandes. Seit seiner vorzeitigen, wendebedingten Emeritierung 1991 beschäftigte er sich freiberuflich verstärkt mit der Geschichte des Nationalsozialismus und des antifaschistischen Widerstandes und hat zahlreiche, meist biografische Schriften vorgelegt.
Weitere Informationen: Wikipedia

Ein persönlicher Nachruf für Professor Karl Heinz Jahnke

Von Josie Michel-Brüning, 21. September 2009

Lieber Karl Heinz,

hiermit möchten auch wir uns der Trauer Deiner nächsten Angehörigen und Freunde um den Verlust Deiner physischen Anwesenheit unter uns anschließen und Dir zum Abschied im Namen der "Cuban Five" und aller Mitglieder des Komitees von ¡Basta ya! noch einmal von ganzem Herzen danken.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich den dürren Angaben im Internetlexikon über Deine Verdienste als Historiker noch einige persönliche Eindrücke über Dein für uns so ermutigendes Wirken hinzufügen:
Wir standen mit Dir über die Vermittlung unseres gemeinsamen Freundes Professor Siegfried Scholze seit Oktober 2002 in zeitweilig regem und dann durch Deine Krebserkrankung mehrfach unterbrochenem Briefaustausch und lernten Dich so nicht nur über einige Deiner Bücher, mit denen Du beispielsweise viele Opfer der NS-Diktatur der Vergessenheit entrissen hast, kennen und schätzen.
Sobald Du seinerzeit das Dir zugesandte Informationsmaterial über den Fall der fünf Kubaner gesichtet hattest, Deine entsprechenden Fragen dazu mit weiteren Fakten beantwortet waren, war es selbstverständlich für Dich, Deinen Namen für unsere Öffentlichkeitsarbeit gegen die "Mauer des Schweigens" seitens des vorläufigen "Siegers" der Geschichte zur Verfügung zu stellen.
Jemand, der wie Du den II. Weltkrieg noch als Kind erlebt und als Erwachsener dann den Nationalsozialismus gründlich studiert hatte, gleichzeitig ein aktuell kritischer Zeitzeuge war, wusste zwischen Tätern und deren Opfern zu unterscheiden.
Zur Zeit der "Wende" schien die Fortsetzung Deiner wissenschaftlichen Arbeit jedoch nicht mehr "systemrelevant" zu sein. Angesichts des Neofaschismus' und einiger noch lebender Opfer und Täter des Nationalsozialismus' war das zunächst schwer zu verstehen. Wer wie Du die beruflichen Konsequenzen aus dem Opportunismus des Ostens und der Gewinnsucht des Westens bei der "Wende" tragen musste - Günter Grass nannte die Machenschaften des Westens in seinem Buch, Unterwegs von Deutschland nach Deutschland, "verbrecherisch"- gab dennoch nicht auf. Du nutztest beispielsweise Deine schon zuvor auch im Westen Deutschlands erworbene Reputation als Historiker für weitere entsprechende Publikationen, damit Deine wertvollen Kenntnisse über die erschreckenden Fakten und Mechanismen unserer jüngeren Geschichte der Nachwelt nicht verloren gingen. Und natürlich konntest Du Deine Augen auch vor dem Fall der "Cuban Five" nicht verschließen.

Und Du wolltest auf dem Laufenden gehalten werden. Das führte zu 51 Briefen an Dich. Und wenn Du keine Zeit hattest, schriftlich zu antworten, tatest Du es telefonisch.
Im März 2004 kamst Du ins Rostocker Krankenhaus: Kehlkopfkrebs lautete die Diagnose. Von nun an nahmst Du auch noch den Kampf gegen den Krebs auf. - Deinen letzten Brief erhielten wir im April 2009.
Wie tapfer Du gekämpft hast im Wettlauf mit der Zeit, ist an der Liste Deiner Publikationen von 2004 - 2009 abzulesen:

"Endpunkt KZ Auschwitz", Jahnke, Karl Heinz, Rostock, Koch 2004;
"Rückblick", ebd. 2004;
"Wach auf!" ebd., 2004;
"Sie dürfen nicht vergessen werden", Verl. BS 2005;
"Für eine Welt ohne Krieg und Faschismus", Verl. VAS, 2005;
"Aus dem Leben von Peter und Ettie Gingold", Verl. VAS, 2005;
"Widerstand gegen die NS-Diktatur in Mecklenburg", BS-Verlag 2006;
"Hans, Anna, Herbert und Marianne Neubeck", Düsseldorf, VVN BDA, 2006;
"Gegen das Vergessen!", Rostock, Koch 2008;
"Zeitzeuginnen", Koch, 2009.

Lieber Karl Heinz, nun können wir Dich überhaupt nicht mehr erreichen, aber Du hinterlässt uns in Deinem Werk eine Fundquelle an Argumentationshilfen, insbesondere gegen jetzige faschistische Tendenzen und ein Beispiel an Rechtschaffenheit, dem wir uns verpflichtet fühlen.

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