Granma, 13. Juli 2006

ANTONIO GUERREROS Porträts

- eröffnet in der "Carmen Montilla"- Galerie in Alt-Havanna
- der Präsident der Kubanischen Nationalversammlung benennt die Aspekte der Gefangenhaltung der Fünf und das neue von der Bush-Administration bestätigte antikubanische Dokument

Von Mireya Castañeda / Fotos: Alberto Borrego
Mitarbeiterin der Granma -

Eine Gefängniszelle ist kein Künstleratelier. Sie bietet nicht deren großzügige Weite für den Blick, die Lichtfülle und vor allem nicht die nötige Freiheit. Antonio (Tony) Guerrero, ein Mann außergewöhnlicher Willensstärke und Empfindsamkeit, hat diese Voraussetzungen außerkraft gesetzt.
In seinem unermüdlichen intellektuellen Schaffensdrang (in Gedichten, Briefen und einer Verteidigungsrede vor Gericht von hoher Moral und Ästhetik) leitete Tony, einer, der jetzt seit fast acht Jahren in US-Gefängnissen inhaftierten Kubaner, seinen Eintritt in die Welt der bildenden Künste ein.
Das Ergebnis ist eine Ausstellung "Mensaje de cubanía" (Eine wesentlich-kubanische Botschaft). Sie umfasst in der Carmen-Montílla-Galerie14 Pastellporträts, die über Guerreros Familie in die Hände Eusebio Leals, einem Stadthistoriker, gelangten. Sie sind Porträts der Helden und Märtyrer des kubanischen Kampfes im 19. und 20. Jahrhundert, und Tony selbst erklärt in einem wunderschönen Brief an Leal (vom 28. März 2006), wie er zunächst Interesse daran fand, sie zu malen und sie dann herstellen konnte.
"Voriges Jahr traf ich in diesem Gefängnis einen Mithäftling mit ausgezeichneten Fähigkeiten in der Pastellmalerei ein ... Einmal zeigte er mir eines seiner Werke, und ich war davon beeindruckt, was alles mit Pastellkreide gemacht werden kann. Er bot an, ... Unterrichtsstunden zu geben ... ich beschloss, an dieser Gruppe teilzunehmen ... ... der Unterricht wurde nie begonnen."
Das war kein Hinderungsgrund. Tony versuchte es selbst, als Autodidakt im Zeichnen und "Dank eines Buches und eines Magazins, das mir ein guter Freund aus New York schickte."
In seinem Brief an Leal, der in dem Faltblatt der Ausstellung abgedruckt ist, erklärt er, dass er beschloss, nachdem es ihm gelungen war, in den Besitz von "ein bisschen Papier" zu kommen, ein Porträt von Che Guevarra zu machen. Als Vorlage nahm er "ein Foto eines großartigen Gemäldes, das mir Aliucha (Ches Tochter Aleida) geschickt hatte ... es enthielt die Farbkontraste, die mir meine ersten Versuche erleichtern sollten. So kam ich an dieses Porträt, das historisch gesehen letzte von vielen und das erste, das ich machte, als ich zum ersten Mal in meinem Leben Pastellstifte benutzte."
Nach dem Durchforsten von Magazinen und anderer Möglichkeiten kam "... eine Postkarte, die mir ein Freund aus Kuba mit einem Gemälde von José Martí schickte. Das war meine zweite Arbeit ..." und seine Schwester Maruchy schickte ihm "die ,Cien Años de Lucha' (Hundert Jahre des Kampfes) eine Briefmarkenserie von 1968", sie schloss die Reihe ab.

 

Auf sehr detaillierte und organisierte Weise vermerkt Tony in seinem Brief die Reihenfolge, in der er die Porträts malte. Che, Martí, Ignacio Agrarmonte, Carlos Manuel de Cespedes, Antonio Maceo, Máximo Gómez, Frank País, Rúben Martínez Villena, Julio Antonio Mella, Antonio Guiteras, Abel Santamaria, José Antonio, Calixto García und Camilo (Cienfuegos).
Dieser junge Mann von hohem intellektuellen Format, von Beruf Ingenieur, schreibt: "Ehrlich, ich denke, dass es sich hier aus künstlerischer Sicht gesprochen um keine lobenswerte Qualität handelt. Nur von dem Bisschen, dass ich in der Lage war zu sehen ... ,ich kann jedoch damit erkennen, dass ich noch viele, viele Dinge in Sachen Pastellmalerei lernen muss ... Aber mehr noch, Eusebio, liegt der Wert dieser Arbeit darin, dass sie eine weitere Demonstration der patriotischen Werte der 5 darstellt (denn alles, was wir tun, repräsentiert uns als fünf Brüder und Söhne eines heroischen und verdienstvollen Volkes)."
Abgesehen von Porträtversuchen und Zeichnen ist Pastellmalerei ein Novum, wie Maria Eugenia (Maruchy) während der Eröffnungsfeier zu dieser öffentlichen Ausstellung am Rande vertraulich anmerkte.
"Tony begann im Gefängnis. Er erzählte uns, dass ihm eines Tages ein Zellengenosse, ein junger Mann U.S.-puerto-ricanischer Herkunft, zugeteilt wurde, und er bat ihn, ihm diese Technik mit einem Stift beizubringen, und das erste, was er machte, war, mit einem Porträt unserer Mama ihr Gesicht leicht in schwarz-weiß zu zeichnen, dann machte er es mit dem unserer Großmutter und unseres Vaters. Dann lernte er den anderen Gefangenen kennen, der Pastellmalerei machte, und das ist die Geschichte dieser 14 Porträts."
Maruchy, die ihren Bruder kürzlich besuchen durfte, nachdem sie ihn über sechs Jahre lang nicht gesehen hatte, fügte hinzu, dass "er davor eine Bilderrreihe von Kubas 21 einheimischen Vogelarten herstellte, wir haben sie zu Hause, weil er wollte, dass wir sie aufbewahren."

KAMPF FÜR DIE WAHRHEIT

Die Einführung in die Ausstellung übernahm der Parlamentspräsident Ricardo Alarcón, der betonte, dass es im Kampf im Fall der fünf in den Vereinigten Staaten inhaftierten Kubaner fünf Champions gäbe: "sie selbst, die der fundamentale Nerv sind im Kampf dafür, dass sich die Wahrheit durchsetzt, weil sie den US-Amerikanern bekannt sind, was der Schlüssel dafür ist, ihre Entlassung zu erreichen."
Er erinnerte daran, dass die Schlacht unter extrem schwierigen Bedingungen geführt würde. "Dieses grafische Werk wurde unter außergewöhnlich feindseligen Bedingungen geschaffen.
Tony ist in einem der schlimmsten Gefängnisse des US-Zuchthaus-Systems eingesperrt. Außerdem ist er den fürchterlichen Bedingungen ausgesetzt, die dieses System speziell über die Fünf verhängt hat, obwohl alle von ihnen schreiben, denken, mit der Außenwelt kommunizieren, sie sind die hauptsächlichen Überbringer der grundlegenden Botschaften dieser Schlacht."
Alarcón wiederholte, dass es in wenigen Wochen ein Jahr her sein würde, dass das Berufungsgericht von Atlanta sie für nicht schuldig erklärt habe, und immer noch säßen sie in den selben Gefängnissen.
Zuvor habe ein Gremium von fünf UN-Spezialisten das Urteil vorweggenommen und sei zu dem selben Schluss gekommen. Das, was im Mai und August letzten Jahres festgestellt worden sei, reiche der US-Regierung nicht, sich internationalem Recht und dem elementarsten Gefühl für Anständigkeit zu beugen.
Er ging auch auf den Anhang des so gen. Bush-Plans ein, welcher diesmal drei neue Dinge enthalte, das erste seien die geheimen Maßnahmen. "Mit der Erfahrung, die sich in unserem Volk angesammelt hat und dessen, was wir täglich in der Welt sehen, können wir vermuten, dass es sich bei dem Geheimnis um mehr Terrorismus, mehr Morde, mehr Verbrechen und möglicherweise den Einsatz des Militärs handelt."
"Eine andere Maßnahme ist es, die völkermörderische Blockade gegen Kuba weiter auszudehnen, indem die Anwendung von medizinischem Gerät, das ganz oder teilweise in den Vereinigten Staaten produziert wurde, für kubanische Programme im Ausland verboten wird. Sie sprechen von der Operation ,Wunder' und der Brigade ,Henry Reeves'", führte Alarcón an.
Am Ende verurteilte er die Tatsache, dass Washington "die humanitäre Hilfe, die der kubanische Kirchenrat bisher von der Anglikanischen Kirche, diversen protestantischen Glaubensgemeinschaften, Religionen afrikanischen Ursprungs oder der internationalen jüdischen Gemeinde für die kubanischen Juden erhalten hatte, untersagt hat. Dies ist ein Affront gegen diese Institutionen, wie es auch der Weltkirchenrat gerade verurteilt hat; es ist eine unannehmbare Einmischung in normale pastorale Beziehungen, die grundsätzlicher Bestandteil des opus operandi aller Religionen dieser Welt sind."
Wie er es beabsichtigt habe, sei Mensaje de cubanía, die erste Ausstellung von Pastellporträts von Tony Guerrero, eine Unterrichtsstunde in Geschichte und ein Beispiel für das Vertrauen darauf, dass sich die Gerechtigkeit durchsetzt. "Vielleicht werden wir früher als wir denken, eines Tages vor diesen Bildern mit ihm sprechen..."

(Deutsch: ¡Basta Ya!)

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