"Minnesota Daily" (U. Minnesota)
vom 08. Mai 2003

Kolumne: U.S.-Heuchelei gegenüber der Kubanischen Revolution

Von August Nimtz

Minneapolis - Die kürzliche Verhaftung von 75 "Dissidenten" und die Hinrichtung von drei Entführern in Kuba hat ein beispielloses Geheul im Weißen Haus, im Kongress und in der Ecke der Medien hervorgerufen, die ohnehin zu allem "ja und amen" sagen.

Genau so "schrecklich" ist für diesen Verein die Tatsache, dass die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen sich weigerte, sich von Washingtons Strafaktion gegen Kuba ins Schlepptau nehmen zu lassen. Dass die karibische Nation gerade in diese Kommission wiedergewählt wurde, erzeugt sicher eine neue Welle der "Entrüstung".

Die Redakteure der New York Times geben der Ablehnung von Washingtons "irregeleiteter Politik gegenüber Havanna" dafür die Schuld, vermutlich seiner verbissenen Aufrechterhaltung des 43-jährigen Embargos gegen Kuba. Vielmehr ist das US-Versagen, die Mehrheit Lateinamerikas zu überzeugen, hauptsächlich auf etwas zurück zu führen, was für die meisten Menschen rund um die Welt offensichtlich ist. Diese Administration genießt keine Glaubwürdigkeit, wenn es um Menschenrechte geht.

Es gibt sicher grobe Menschenrechtsverletzungen in Kuba. Sie werden von US-Behörden auf besetztem kubanischen Gebiet an Gefangenen auf der Marine-Basis in Guantanamo begangen, wo die Insassen aus verschiedenen Ländern einer schrecklichen Behandlung, die von Gruppen wie Amnesty International dokumentiert wurde, ausgesetzt sind.

Hier im Mutterland sind fünf Kubaner im Gefängnis, weil sie US-Beamte mit Informationen über die Aktivitäten von Gruppen versorgten, die sie unterwanderten, da diese von Südflorida aus Terrorakte gegen die Insel organisieren. Sie verbüßen gegenwärtig Strafen bis zu zweimal lebenslänglich in Gefängnissen von Kalifornien bis South Carolina.

Solange die Times und ihre lokalen Echos diese und andere zahllosen Beispiele für Washingtons Doppelmoral gegenüber Menschenrechten nicht "schrecklich" finden, solange klingen ihre Rufe nach mehr Menschenrechten in Kuba hohl.

Denn der oberste Gefängniswärter der Welt und einer seiner bedeutendsten Scharfrichter von Gefangenen – darunter einige Teenager und Geisteskranke – ist die US-Regierung, sie entbehrt praktisch jeder moralischen Autorität.

Im Gegensatz zu den meisten US-Medienberichten wurden die 75 in Gerichtsverhandlungen angeklagt, die für ihre Familien und Gemeindemitglieder offen waren. Alle wurde durch ihre eigenen Anwälte vertreten, denen ihre Anklagen vorlagen und die Zugang zum Beweismaterial gegen sie hatten, ganz anders als die bereits erwähnten fünf Kubaner, die in Miami angeklagt worden waren. Alle hatten das Recht, einen Revisionsantrag beim Obersten Kubanischen Gerichtshof zu stellen- Ihre Verurteilungen reichten von sechs bis zu 28 Jahren.

Die meisten von ihnen waren der Verletzung des kubanischen Gesetzesparagraphen Nr. 88 angeklagt, der 1999 in Kraft trat, der die Zusammenarbeit von kubanischen Bürgern und Washington zur Förderung des US-Embargos gegen die Insel unter Strafe stellt.

Die Beweise, aufgrund derer sie angeklagt wurden, wurden größtenteils von etwa einem Dutzend der "Dissidenten" des kubanischen Sicherheitsstabes beschafft, die jene Gruppen unterwanderten, die mit der US-Regierung zusammen arbeiteten. Wenn Washingtons Vorwurf der ist, dass es Inselbewohnern nicht erlaubt wird, mit ihm zu kollaborieren, um die Revolution zu stürzen, dann geben die kubanische Regierung und die dortigen Menschen ihnen in diesem Punkt bereitwillig recht.

Was die drei Entführer betrifft, so waren sie Anführer eine Gruppe von elf Leuten, die am 2. April eine kubanische Passagierfähre in ihre Gewalt brachten, um damit Florida zu erreichen. Sie drohten 29 Passagiere zu töten, um ihr Vorhaben durchzusetzen, wurden aber schließlich von kubanischen Behörden verhaftet.

Die Elf wurden nach einem Terrorismusgesetz, das im Dezember 2001 in Kraft trat, angeklagt.

Innerhalb von drei Tagen wurden die Gerichtsverhandlungen angeordnet und die Einberufung des Obersten Kubanischen Gerichtshofs und des Staatsrates veranlasst, in einer Anstrengung, die andere mögliche Entführer abschrecken sollte.

Die Politik Washingtons fordert diese Verbrechen heraus. Nach einem Gesetz von 1966 wird jedem Kubaner, der Floridas Küste erreicht, praktisch automatisch Asyl gewährt, unabhängig davon, wie er dort hingekommen ist – ein Recht, dass Bürgern aus anderen Ländern verwehrt ist. Diejenigen, die im letzten Jahr vier Entführungen begingen, spazieren frei durch die Straßen von Miami. Nach einer Entscheidung des Gerichtshofes in Miami, die Flugzeugentführer vom 19. März unter Kaution frei zu lassen, entdeckten die kubanischen Behörden 29 weitere Pläne zur Ausführung ähnlicher Verbrechen.

Die Antworten der kubanischen Regierung sowohl auf die "Dissidenten" auf Washingtons Gehaltsliste als auch auf die Entführungen kann nur unter Berücksichtigung des weiteren Kontextes verstanden und gerechtfertigt werden, besonders unter Berücksichtigung von Washingtons hartnäckiger Feindschaft gegenüber der Kubanischen Revolution. Jede Administration, ob republikanisch oder demokratisch hat in den letzten 44 Jahren versucht, die Revolution zu stürzen, sei es durch Militärinvasion, Terror, Subversion, diplomatische Isolation oder durch das immer gegenwärtige Embargo. Über 3.000 Kubaner verloren dadurch ihr Leben.

Bei all’ den Schwierigkeiten, denen sie sich stellen müssen, stimmen die Kubaner jeden Tag mit den Füßen für ihre Revolution ab. Während eine kleine Minderheit in die Vereinigten Staaten auswandern möchte, gewöhnlich aus wirtschaftlichen oder unpolitischen Gründen, ist die überwiegende Mehrheit darauf eingestellt zu bleiben und ihre Revolution zu verteidigen, sogar unter "schweren Bedingungen". Washington erkennt das alles nur zu gut. Trotz der unablässigen Anklagen gegen "den Diktator Fidel", wissen sie, dass es die kubanischen Massen sind, die das Projekt der Revolution aufrecht erhalten. Das Embargo ist grundsätzlich dazu da, sie nach dem "Onkel schreien" zu lassen und zu versuchen, sie mit Gewalt davon zu überzeugen, es gibt keine Alternative zum Kapitalismus.

Solange die kubanischen Menschen ihre Errungenschaften verteidigen, solange wird Washingtons Feindschaft unversöhnlich bleiben. Kubaner brauchen in der Tat Freiheit – die Freiheit, ihre Revolution zu verbessern und zu vertiefen. Diejenigen, die sich von dem, was sie zu tun versuchen, inspiriert fühlen, besonders diejenigen unter ihnen, die hier wohnen, können ihnen helfen, dieses Ziel zu erreichen, indem sie keine Anstrengung scheuen, ihnen den Rücken von Washington frei zu halten.

Deutsch: ¡Basta Ya!

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