Kommentar zur Besprechung des Buches "Narben der Erinnerung"

im Deutschlanfunk am 22. August 2005

Sehr geehrter Herr Schumann, sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,

vielen Dank, dass nun auch Sie die Mauer des Schweigens um den Fall der "Cuban Five" mit der Vorstellung des o.g. Buches durchbrochen haben.

Ihre Gegenüberstellung des Falles mit der Verhaftung und Verurteilung der 75 "Dissidenten" im März 2003 übernahm jedoch leider die von den maßgeblichen US-Medien gern gepflegten Klischees über das "Castro-Regime", um der Welt ggfs. einen Rechtfertigungsgrund für eine US-Invasion zu liefern. Daher wurde auch der Justizskandal um die "Cuban Five" solange es ging, verheimlicht. (Denn der Fall entlarvt die Aggressionspolitik der USA, und den Umstand, dass sie im eigenen Land Terroristen beherbergen und unterstützen.)
Mejides weist jedoch mit seinem Buch daraufhin, in welcher Notsituation sich das kleine Kuba gegenüber seinem mächtigen Nachbarn seit über 45 Jahren befindet.
Es entspricht einer über 45-jährigen US-Strategie gegenüber Kuba, es einerseits mit Wirtschaftsblockade zu belegen, damit seine Bevölkerung verarmt, es mit Terroranschlägen einzuschüchtern und andererseits Oppositionelle zu suchen und zu finanzieren (wozu James Cason z.B. nach seinen eigenen Worten das ganze Land bereist hatte und damit die international vereinbarten Befugnisse eines ausländischen Diplomaten als US-Interessenvertreter seines Landes überschritt). Welche Regierung dieser Erde ließe es sich gefallen, dass ihre Bürger sich mit dem selbsterklärten Feind des Landes verbünden, um ihre eigene Regierung zu stürzen?
Zitat von 1999 des in Miami lebenden Unternehmers, Direktors und Radiokommentators Francisco Arucas, der selbst in den 60er Jahren in Kuba inhaftiert war:
"...Sehen Sie, Dissident zu sein, ist zu einem Geschäft geworden. Es sind viele, die jeden Tag bei den Radiosendern anrufen und sagen, sie hätten Menschenrechtsgruppen organisiert. Warum das? Sie wollen den Boden bereiten, daß man ihnen hilft, außer Landes zu kommen, um dann in Miami oder Spanien als Helden empfangen zu werden. Anders gesagt, das Dissidentsein hat sich zu einer Art der Ausreise gewandelt, bei der man nicht auf ein Floß klettern muß. Es mag ehrliche Oppositionelle geben: Das Problem ist, sie zu finden. Denn alles, was es bis jetzt gibt, sind Leute, die ihr persönliches Problem lösen wollen, und das tun sie, indem sie mit dem Feind ihrer Nation gemeinsame Sache machen. Und ich weiß nicht, ob Amnesty International das alles bekannt ist." (s. Hernando Calvo Ospina, in "Orignalton Miami, Die USA, Kuba und die Menschenrechte", S. 211)
In unseren Medien wird auch folgendes so gut wie nie erwähnt:
Die Nichteinhaltung des Migrationsabkommens seitens der USA, - d.h., die Visumsvergabe an ausreisewillige Kubaner bleibt weit hinter der vertraglich vereinbarten Menge zurück. Die im Cuban Adjustment-Act enthaltene Zusatzklausel, das jedem kubanischen Flüchtling, der auf illegalem Wege die nordamerikanische Küste erreicht, Asyl gewährt wird, der Umstand, dass Kubanern in den USA sogar nach erfolgreich verlaufenen Flugzeugs- und Schiffsentführungen Straffreiheit gewährt wird, - all' dies provoziert immer wieder Gewalttaten. Und natürlich wurden die aus Kuba entführten Flugzeuge nicht zurückgegeben, sondern in Miami versteigert und der Erlös den mafiösen exilkubanischen Organisationen zur Verfügung gestellt.
Den USA ist ebenfalls daran gelegen zu verschweigen, dass Kuba eine partizipative Demokratie hat, s. Arnold August (Kanada), Democracy in Cuba and the 1997-98 Elections. Lesen Sie doch bitte auch "Im Fadenkreuz: Kuba - Mit Geheimdokumenten aus US-Archiven belegt!" von Horst Schäfer. Zum Schluss noch ein Zitat von William Blum, einem ehemaligen Mitglied des State Departments: "The saddest part of this is that the world will never know what kind of society Cuba could have produced if left alone, if not constantly under the gun and the threat of invasion, if allowed to relax its control at home. The idealism, the vision, the talent, the internationalism were all there. But we'll never know. And that of course was the idea."
http://www.blythe.org/nytransfer-subs/2001-Caribbean-Vol-4/Blum:_Brief_History_of_US_Interventions

Josie Michel-Brüning

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