Miami Herald, 15. Februar 2006

Die "Cuban Five"

Gericht erwägt die Fairness des Spionageprozesses

Eine Appellationsanhörung von Seltenheitswert untersucht erneut den Spionagefall der Cuban Five. Zentrale Frage: Erhielten die Angeklagten ein faires Verfahren?

Von Amy Driscoll

Atlanta - Der Fall der "Cuban Five" - fünf Männer die in Miami der Spionage für Fidel Castro angeklagt wurden - reduzierte sich am Dienstag in einer Berufungsgerichtsanhörung auf eine Hauptfrage: Haben die Kubaner in einer Gemeinde, die Castro seit über 40 Jahren als den Feind Nr. 1 betrachtet, ein faires Verfahren erhalten?
Ein Gremium von 12 Richtern am 11. Bezirksberufungsgericht in Atlanta griff in der jüngsten Runde der Berufung diese und andere Fragen auf, die den emotionsgeladenen Fall seit 2001 aufheizen.
Die Staatsanwälte, die dafür plädierten, die Verurteilungen rechtskräftig zu belassen, hätten bei der Auswahl der Geschworenen sorgfältige Vorkehrungen getroffen und seien in der Lage gewesen, sie von den leidenschaftlichen Gefühlen, die die sechsmonatige Verhandlung umschwirrten, fernzuhalten, sagte die U.S.-Kreisrichterin Joan Lenard.
Aber die Anwälte der fünf Männer sagten, dass niemand über die Feindseligkeit, die der Fall ausgelöst habe, hätte im Dunkeln gelassen werden können, der kurz nachdem die U.S.-Regierung beschlossen hatte, den damals sechsjährigen Elián González mit seinem Vater zurück nach Kuba zu schicken, begann.
"Die Verhandlung begann am 1. Jahrestag der Rettung Eliáns auf See," sagte der Vizevorsitzende der "Federal Public Defender" [Vereinigung der Bundesstrafverteidiger, Anm.d.Ü.] und Vorsitzender der Berufungsabteilung Richard Klugh. "Dieser Fall behandelt andere Themen als das traditionelle Strafrecht."
Bombendrohungen, Unruhe und Demonstrationen im Namen Eliáns trugen zu der Atmosphäre bei, der die Geschworenen gegenüberstanden, bemerkte er. Richterin Lenard hätte dem Antrag der Verteidigung zustimmen sollen, die Verhandlung nach außerhalb von Miami zu verlegen, wenn auch nur nach Fort Lauderdale, sagte Klugh.
"Wir haben nur versucht, die Vorurteile auf ein leichter handhaberes Maß zu reduzieren," argumentierte er während der Sitzung von Seltenheitswert vor dem gesamten Richtergremium des Appelationsgerichtes.
Der Vize-U.S.-Staatsanwalt David Buckner bestürmte die Richter, die ursprüngliche Gerichtsverhandlung nicht zu hinterfragen: "Für das hiesige Bezirksgericht ist die ursprüngliche Richterin die Zuständige. Sie ist am besten in der Lage, Fragen nach den Fakten zu beantworten."
Er nannte ihre Verhandlungsweise als "ein Vorbild" und sagte, es gebe keine Beweise dafür, dass sich die Geschworenen im mindesten eingeschüchtert gefühlt hätten.
[Im Folgenden vergleicht die Autorin den Verlauf des Falles mit dem einer Achterbahn und wiederholt dessen Revision im August und den Einspruch der Staatsanwaltschaft dagegen, der wiederum die jetzige Anhörung bewirkte.]
Die Richter stellten Ihre Fragen während einer intensiven einstündigen Anhörung zu einigen Schlüsselthemen im Schnellfeuerverfahren, am meisten konzentrierten sie sich darauf, was die Grundlage für eine Ortsverlegung der Verhandlung sein könnte.
Richter Stanley Marcus, ein früherer U.S.-Kreisrichter in Miami, fragte die Verteidiger, ob sie sagen wollten, dass "Leute, die als kubanische Agenten arbeiteten, einfach keine faire Verhandlung in Miami-Dade County bekommen könnten - nicht damals, nicht jetzt und soweit wir es beurteilen können, auch nicht in Zukunft, stimmt das?
Bevor Klugh dies vollständig beantworten konnte, wechselte das Thema zu einer von dem pensionierten Professor der Internationalen Universität von Florida Gary P. Moran geführten Untersuchung, die zeitweilig half, die Urteile zu revidieren. Moran sagte gegenüber The Miami Herald in der vergangenen Woche, dass er Sympathie für Castro und seinen Kampf gegen die U.S.-Regierung empfände, "diesen großartigen Satan."
Morans am Gericht aktenkundige vorgerichtliche Untersuchung von 300 Stimmabgaben aus Miami-Dade County kam zu dem Ergebnis, dass die Stadt so von Anti-Castro-Stimmung kontaminiert sei, dass die Männer keine faire Verhandlung innerhalb der Gemeinde bekommen könnten. Keiner der schließlich für den Fall ausgewählten 12 Geschworenen war kubanischer Abstammung.
Die Anhörung am Dienstag wurde 10 Tage vor dem 10. Jahrestag des Abschusses der beiden "Brothers-to-the Rescue"-Flugzeuge durch die kubanische Regierung über internationalen Gewässern [die Verteidigung sagt, die Abschüsse seien über kubanischem Gewässer erfolgt, Anm.d.Ü.], bei dem vier Cubano-Amerikaner getötet wurden.
Die fünf kubanischen Angeklagten wurden wegen Anschuldigungen aus dem Kalten Krieg verurteilt: der Unterwanderung von Miamis Exilgemeinde und des Versuchs, U.S.-Militärgeheimnisse nach Havanna zu übermitteln.
[Im Folgenden wiederholt sie ganze Passagen von Jay Weaver, s. gestrige Übersetzung]
Der Fall öffnete alte Wunden, besonders bei den Familien der bei dem Abschuss der Exilpiloten getöteten.
"Die Wahl des Zeitpunktes war nicht gut für uns," sagte Maggie Alejandre Khuly, deren Bruder, Pilot Armando Alejandre Junior, am 24. Februar 1996 getötet wurde.
Sie stand außerhalb des Bundesberufungsgerichtes in Atlanta, wohin geflogen war, um Argumente aus erster Hand zu erfahren.
"Ich musste hier sein," sagte sie. "Wir glauben an das U.S.-Rechtssystem - es ist einer der Gründe, warum wir in den Vereinigten Staaten leben und nicht in Kuba."

Weltunterstützung

[Auch hier wiederholt die Autorin die Worte ihres bereits o.g. Vorgängers, diesmal in bezug auf das National Committee.]
Nach der Anhörung am Dienstag hielt die Gruppe ein paar Häuserblöcke vom Bundesgerichtshof in Atlanta entfernt eine Pressekonferenz ab, indem sie die Sache der Regierung sprengte und nach einer schnellen Entscheidung zur Befreiung der Männer rief. Sie verlangten ebenfalls die Erteilung von Visa, damit die Ehefrauen von zweien der Männer sie im U.S.-Gefängnis besuchen könnten.
Gloria La Riva, die Präsidentin der Gruppe, sagte, die Männer könnten keine faire Verhandlung bekommen, wegen "der Existenz von Terrororganisationen, die in Miami straffrei operieren."
Aber für die Familien derer, die beim Abschuss ums Leben kamen, wäre es nur gerecht, wenn die fünf Kubaner hinter Gittern gehalten würden.
Mirta Costa, die Mutter des Piloten Carlos Costa, der beim Abschuss starb, sagte, sie habe durch die Menge der Aufmerksamkeit, die die Richter dem Fall gewidmet hätten, ein positives Gefühl.
"Ich hatte heute einen sehr großen Tag. Wir wissen nicht, wie es weiter geht, aber wir vertrauen auf Gott und erwarten, dass alles in Ordnung kommt," sagte sie.

Deutsch: ¡Basta Ya!

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