Counterpunch, 18. Dezember 2006

"Ungerecht, grausam und irrational"

Die Vereinigten Staaten der Bestrafung

Von William Blum

2,2 Millionen im Gefängnis ... "Wir sind die Nummer Eins! USA! USA! USA!" ... 7 Millionen - einer von 32 erwachsenen Amerikanern - entweder hinter Gittern, angeklagt oder auf Bewährung ... Wenn es um Verurteilungen geht, Leute, lasst mich Euch erzählen und entschuldigt meine Sprache, sind die Vereinigten Staaten die Hölle eines großen Arschlochs ... Um mit rechtsverbindlichen kleineren Strafen zu beginnen, es gibt Zehntausende junger Männer, deren Leben in [US-]amerikanischen Gefängnissen verrottet, nur weil sie eine Droge besaßen, für ihren eigenen Gebrauch, für ihren eigenen Spaß, um sie mit einem Freund zu genießen, es gibt keine Opfer. Glaubt Ihr, dass jemand im Gefängnis sitzen sollte, wenn er niemanden verletzt hat? Weder körperlich noch finanziell noch auf eine andere ernste Weise? José Antonio Lopez, ein legaler Einwohner mit Familie und Beruf in South Dakota, wurde vor einiger Zeit wegen einer Kokaingeschichte zurück nach Mexiko deportiert - Verkauf? Nein. Gebrauch? Nein. Besitz? Nein. Er hat jemandem erzählt, wo man es kaufen kann. Ein anderer Mann wurde wegen dreimaligem Handel mit Marijuna zu 55 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er jedes Mal eine Waffe dabei hatte, die er nicht gebrauchte und auch nicht schwenkte. Besitz einer Feuerwaffe bei einem Drogenhandel verlangt eine weit höhere Gefängnisstrafe. Vier frühere Justizminister und 145 frühere Staatsanwälte und Richter setzten sich für eine geringere Strafe für diesen Mann ein. Der vorsitzende Richter selbst nannte das Urteil "ungerecht, grausam und irrational", sagte aber, das Gesetz ließe ihm keine Wahl.
Am 1. Dezember verurteilte ein Gericht in den Niederlanden vier holländische Moslems wegen der Planung von Terroranschlägen gegen politische Führungspersönlichkeiten und Regierungsgebäude. Die schwerste Strafe für einen von ihnen waren acht Jahre. Am 13. Dezember wurde ein Priester verurteilt, weil er am Völkermord in Ruanda 1994 teilgenommen hatte, indem er Milizionären befohlen hatte, eine Kirche anzuzünden und mit Bulldozern niederzureißen, während drinnen 2000 Menschen Schutz suchten. Das Internationale Tribunal für Ruanda verurteilte ihn zu 15 Jahren Gefängnis. Vergleichsweise leichtere Strafen als in den Vereinigten Staaten sind in vielen Teilen der Welt normal. Die bloße Erwähnung des Wortes "Terrorist" in einem US-Gerichtssaal führt möglicherweise dazu, dass dem Angeklagten eine Strafe von 30, 40, 50 Jahren oder lebenslänglich über's Haupt gestülpt wird, nur dafür, an eine Aktion gedacht oder darüber gesprochen zu haben, ein Orwellsches "Gedankenverbrechen", ohne irgend etwas konkretes zur Durchführung des Plans getan zu haben.
Kolumbianische Drogenhändler, britische Moslems und andere des "Terrorismus" Bezichtigte wehren sich energisch gegen eine Auslieferung an die USA, aus Angst vor Uncle Sams gnadenloser Faust. Sie sind die glücklichen unter den ausländischen Planzielen Washingtons; sie werden nicht auf offener Straße entführt und gefesselt und mit verbundenen Augen in dunkle Ecken der Welt geflogen, um dort gefoltert zu werden.
Diejenigen, die glauben, dass keine Strafe im Terrorkrieg gegen die bösen Buben zu hart oder grausam ist, muss sich fragen lassen, was er vom Fall der Cuban Five denkt. Das sind fünf Kubaner, die in den 1990ern versuchten, Informationen über in Miami ansässige Anti-Castro-Terroristen zu erlangen. Einige von denen hatten kurz zuvor eine Serie von Bombenanschlägen in Hotels in Havanna angezettelt und planten offensichtlich weitere. Die Fünf infiltrierten cubano-amerikanische Organisationen in Miami, beobachteten deren Aktionen und informierten die kubanische Regierung über ihre Erkenntnisse. Die kubanische Regierung gab einige der Informationen an das FBI weiter. Und was passierte dann? Das FBI verhaftete die fünf Kubaner.
Die Kubaner wurden 17 Monate lang in Isolationshaft genommen, schließlich angeklagt und 2001 wegen einer ganzen Reihe von Anklagen, die die Regierung zusammengeworfen hatte, verurteilt, darunter Mord (sic!) und "Verschwörung, Spionage begehen zu wollen (möglicherweise der erste Fall von Spionage in der US-amerikanischen Justizgeschichte ohne eine einzige Seite eines einzigen geheimen Dokuments). Sie wurden zu Gefängnisstrafen von 15 Jahren bis lebenslänglich verurteilt. Aber die Lust der Bundesregierung auf Bestrafung war damit noch nicht befriedigt. Sie haben es den kubanischen Gefangenen extrem schwierig gemacht, Familienbesuche zu empfangen. Zwei von ihnen haben ihre Frauen und Kinder seit ihrer Verhaftung 1998 nicht mehr gesehen. Die anderen hatten nur wenig mehr Glück. Ein weiteres glorreiches Kapitel im Krieg gegen den Terror.
[Tatsächlich hat Gerardo Hernández seine Frau Adriana seit seiner Verhaftung nicht mehr gesehen. René González hat seine Frau Olga und seine Tochter Ivette seit August 2000 nicht mehr gesehen Anm. d. Ü.]

William Blum ist Autor von Killing Hope: U.S. Military and CIA Interventions Since World War II, Rogue State: a guide to the World's Only Super Power und West-Bloc Dissident: a Cold War Political Memoir.

Erreicht werden kann er unter: BBlum6@aol.com

Deutsch: ¡Basta Ya!

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