The Sunday Independent [Das unabhängige Sonntagsblatt]:

Frauen zeigen Flagge für Kuba

Sonntag, 30. September

Treffen mit Irma González: Sie ist 23 Jahre alt, sie ist Kubanerin, und sie ist auf keiner beneidenswerten Mission: der Befreiung der Cuban Five.
Ihr Vater René González Sehwerert wurde gemeinsam mit Gerardo Hernández, Ramón Labañino, Antonio Guerrero und Fernando González Llort aufgrund von Anklagen verurteilt, von denen behauptet wird, dass es keine Beweise für sie gebe.
Während die Fünf in Gefängnissen der Vereinigten Staaten schmachten, kämpfen ihre Familien und die kubanische Regierung eine harte Schlacht um Gerechtigkeit.
González ist mit Adriana Pérez, der Ehefrau von Gerardo Hernández und Magali Llort, der Mutter von Fernando González nach Südafrika gekommen.
Die drei Männer, die sie vertreten, gehörten zu den kubanischen Streitkräften, die Ende 1987 und Anfang 1988 in Cuito Cuanavale in Angola 137 Tage lang an der Seite der MPLA kämpften. Sie trieben die Truppen der South African Defense Force [südafrikanischen Verteidigungsmacht, Anm. d. Ü.] zurück nach Namibia.
Verständlicherweise hat Südafrika gegenüber dieser Besuchergruppe, die hier bei der South African League of the Friends of Cuba Society [Südafrikanische Liga der Freunde der Kubanischen Gesellschaft, Anm. d. Ü.] zu Gast ist, eine besondere Verpflichtung. Angola und Namibia sind in ihrer Reiseroute eingeschlossen.
González wurde wegen ihrer Englischkenntnisse, ihrer Fähigkeiten, sich zu artikulieren und möglicherweise wegen ihrer Coolness zur Sprecherin ernannt. Ihr Aufruf an die "edlen Menschen" der Welt zur Solidarität und ihr Appell an die "Menschlichkeit" sind jedoch alles andere als "cool". Ihre Ansprache in der vergangenen Woche an eine 700-köpfige Versammlung von Arbeitern bei dem Cosatu Central Committee-Treffen in Johannesburg war leidenschaftlich.
Sie erinnerte ebenfalls das Volksparlament in Westkap an die schockierende Misere der Fünf, die gefangen gehalten werden, weil die USA glauben, sie stellten eine Gefahr für die "nationale Sicherheit" dar. Aber tatsächlich haben sie nach Gonzalez`Worten "versucht, Kuba zu beschützen".
Die Geschichte der Fünf ist zu einem internationalen Gesprächsstoff geworden. Sie ist, wie es die Verteidigung nennt, von "aufgeblähter und übertriebener Pyrotechnik" gekennzeichnet.
Sie geht so: Nach einer Flut terroristischer Bombenanschläge auf die kubanische Tourismusindustrie in den 1990ern schritt Kuba zur Tat. Es sandte die Fünf nach Miami, um die exilkubanischen Gruppen, die darauf aus sind, den revolutionären Staat in die Knie zu zwingen, zu unterwandern.
Sie schickten Information nach Kuba zurück, dazu gehörten geheime Pläne der Exilkubaner, ein US-Flugzeug herunterzuholen. Die kubanische Regierung stellte ein Dossier für das FBI zusammen.
Zwei Wochen später [es war knapp 3 Monate später, Anm. d. Ü.], am 12. September 1998, wurden die Fünf in Florida von FBI-Agenten verhaftet. Ihre Anklagen lauteten auf Tätigkeit als nichtregistrierte Agenten einer ausländischen Macht und auf Verschwörung, in den USA Spionage begehen zu wollen. Sie wurden in Miami ins Gefängnis geworfen, wo sie in Erwartung ihres Prozesses 18 Monate in Isolationshaft einsaßen [Anm. d. Ü.: Sie waren vor dem Prozess 17 Monate in Isolationshaft, aber im März 2003, nach ihrer Strafverurteilung im Dezember 2001 und vor ihrem 1. Berufungsantragsabgabetermin im April 2003 noch einmal einen Monat innerhalb ihrer jeweiligen Gefängnisse, s. Berichte auf dieser Website].
Im Juni 2001 wurden sie von einem Bundesgerichtshof in Miami wegen dieser Anklagen verurteilt und im Dezember 2001 wurde ihr Strafmaß verkündet. Sie sind allesamt dazu verurteilt, insgesamt viermal lebenslänglich und 75 Jahre zu verbüßen.
In dem Prozess und den folgenden Berufungsverhandlungen hat die Verteidigung behauptet, dass die Fünf niemals die USA ausspionierten. Sie waren ausgezogen, um zu "überwachen" und Geheimnisse über die von der CIA gedeckten Gruppen, einschließlich der Brothers to the Rescue [Brüder zur Rettung], Omega 7 und Alpha 66, zu sammeln.
Diese und andere Gruppen tragen die Verantwortung für die Terroranschläge auf die Insel. Solche Anschläge haben nach Schätzung der kubanischen Regierung in den vergangenen 40 Jahren über 3.000 Menschenleben und die Wirtschaft 54 Millionen $ gekostet (in R 324 Millionen).
Im August 2005 revidierte ein Drei-Richter-Gremium des 11. Bezirksberufungsgerichts in Atlanta die Verurteilungen und Strafurteile des Prozesses, wegen des "Missverhaltens der Staatsanwaltschaft" und weil die Verhandlung in Miami abgehalten wurde.
Sie sagten, die Publicity des Prozesses sei für die Fünf vorverurteilend gewesen. Miami war noch ganz und gar von den Folgen des Fiaskos um Elian González in Anspruch genommen.
2000 überlebte der sechsjährige Elian González [Das Unglück geschah im November 1999, Anm. d. Ü..] auf der Reise von Kuba in die USA das Kentern eines Bootes, wobei seine Mutter und 10 Passagiere starben. Die U.S.-exilkubanische Gemeinde versuchte erfolglos, seine Rückkehr nach Kuba, wo sein Vater auf ihn wartete, zu verhindern.

Zum zweiten Berufungstermin kam es durch die U.S.-Staatsanwaltschaft. Sie plädierte dafür, dass die ursprünglichen Strafurteile wieder in Kraft gesetzt würden. Im Oktober 2005 setzte ein gesamtes Gremium des 11. Bezirksgerichts in Atlanta die Strafurteile wieder ein und stimmte einer Überprüfung der Aspekte der ursprünglichen Verhandlung zu.
Im August 2006 revidierte das gesamte Gremium von Atlanta die Entscheidung des Drei-Richter-Gremiums, die Strafen außer Kraft zu setzen sowie auch den Antrag auf eine neue Verhandlung. Sie sagten, es habe keinen Verstoß oder Einschüchterung im Zeitraum des Prozesses in Miami gegeben. Sie ratifizierten die Strafen.
Im August 2007 wurden sowohl der Verteidigung als auch der Staatsanwaltschaft 30 Minuten für eine mündliche Anhörung am 11. Bezirksberufungsgericht in Atlanta gegeben. Der Fokus der Verteidigung lag auf dem Recht eines Landes, sich zu verteidigen und auf den überhöhten Strafmaßen.
Die Staatsanwaltschaft bestand darauf, dass die Fünf die USA illegal betreten hätten, um Militärgeheimnisse zu stehlen. Die Verteidigung sagt, dass die U.S.-Regierung zuvor zugegeben hatte, dass sie keine ausreichenden Hinweise zur Unterstützung dieser Beschuldigungen wegen Verschwörung, Spionage und Mord begehen zu wollen, habe.
Bei der Amy Goodman Show in "Democracy Now!" sagte Weinglass im vergangenen Monat, dass es das erste Mal in der U.S.-Geschichte sei, dass es eine Spionageanklage gegeben habe, die tatsächlich eine Anklage ist, die auf Verschwörung zur Spionage lautet.
"Die Regierung gab zu, dass sie Spionage nicht beweisen konnte. Aber auch Verschwörung (konnte nicht bewiesen werden). Es gab keine einzige Seite von als geheim eingestufter Dokumentation in diesem Fall." Das Urteil steht noch aus.
Im vergangenen Monat sagte Ramsey Clark, der frühere U.S.-Justizminister in der Amy Goodman Show: "Wenn man Terrorismus beenden will, dann verfolgt man nicht die Leute, die den Terrorismus verhindern wollen." Man sprach von der Erschießung des Boten!
Die Aussichten auf Visa für Olga Salanueva, [Irma] González' Mutter und für Adriana Pérez sind offenkundig zunichte gemacht worden.
Zurzeit der Inhaftierung der Fünf war González 14, ihre Schwester Ivette, jetzt 9 Jahre alt, ein Baby. Sie und ihre Schwester sahen ihren Vater während dieser Zeit nur zweimal. Salanueva hatte weniger Glück. Ihr Ehemann [González] Sehwerert, der als U.S.-Bürger mit seinen Eltern nach Kuba zurückkehrte, "um der Revolution zu helfen", wurde zu 15 Jahren verurteilt.
Er lehnte ein Angebot der USA von Straffreiheit für seine Familie im Austausch für Information ab. Salanueva wurde daraufhin prompt 3 Monate lang in den USA inhaftiert.
Am 12. September 2007 informierte das U.S.-Außenministerium sowohl Salanueva als auch Pérez davon, dass ihre Anträge auf Visa, um ihre Ehemänner besuchen zu können, abgelehnt worden seien und zwar zum achten Mal. Die U.S.-Behörden sagten, dass beide Frauen in Verbindung mit den angeblichen Spionageaktivitäten gestanden hätten.
Ricardo Alarcón, der kubanische Parlamentspräsident, sagt, dies sei eine Lüge. Salanueva hielt sich noch 2 Jahre und zwei Monate lang nach der Verhaftung ihres Ehemannes, die in ihrer Anwesenheit in ihrer Wohnung stattfand, legal in den USA auf.
In dieser Zeit wies nichts auf irgend eine Verbindung zwischen ihr und den Anklagen hin, die später gegen ihren Ehemann erhoben wurden, noch wurde sie für irgend ein bundesstaatliches Vergehen angeklagt.
Alarcon sagte, dass, wenn die U.S.-Regierung irgend einen konkreten Hinweis gegen Pérez hätte, dann hätte sie im Juli 2002 handeln müssen, als sie im Flughafen von Houston, Texas, für 11 Stunden inhaftiert worden war, zu der Zeit, als ihr Visum widerrufen und sie am Betreten von U.S.-Gebiet und dem Besuch ihres Ehemannes im Gefängnis gehindert wurde. Pérez' Ehemann, Hernández wurde 2001 zu zweimal lebenslänglich plus 15 Jahren Haft verurteilt.
Wie Salanueva, die Industrie-Ingenieurin ist, führt auch Pérez ein aktives Leben. "Ich arbeite als Chemie-Ingenieurin. Aber während einige Ehefrauen sich damit ablenken können, ihre Familien zusammenzuhalten, habe ich keine Kinder. Ich hatte keine Zeit, ein Kind von meinem Mann zu bekommen. Eine Heirat ist nicht für die Trennung gedacht," sagt sie.
Rosa Aurora Freijanes Coca, die Ehefrau von González Llort, dessen Mutter Magali heute bei uns ist, fürchte, dass es bald zu spät für sie sei, Kinder zu bekommen. Ihr Ehemann wurde zu 19 Jahren verurteilt.
Die Cuban Five und die drei Frauen, die aus Havanna nach Südafrika kamen, werfen ein anderes Licht auf den U.S.-Krieg gegen den Terror.
Die Frauen wurden aus der Intimität und Privatsphäre ihres Lebens in eine öffentliche Arena gezwungen, um auf die Risiken aufmerksam zu machen, die jene erwarten, die die Welt verändern wollen.
"Wir hoffen, dass die Menschen merken, dass es irrational ist, was man den Fünfen angetan hat, dass es eine Möglichkeit darstellt, das kubanische Volk zu verletzen. Das Schlimmste an der Sache ist, dass sie im Gefängnis sind, ohne irgend etwas Falsches getan zu haben," sagt González.
"Wenn nur einige - vielleicht die Medien - mit diesen Männern sprechen könnten, würden sie verstehen, was mit ihnen und uns geschah," sagt Magali Llort.
Aber es ist nicht so, als ob die Welt müßig gewesen wäre. Gabriel García Marquez, der kolumbianische Literaturnobelpreisträger war Abgesandter Castros in dieser Angelegenheit. Er ging 2001 [unseres Wissens war das im März 1998, er sollte auf vorliegende Beweise über geplante, bereits ausgeführte und rechtzeitig verhinderte Terroranschläge in Kuba aufmerksam machen, Anm. d. Ü.] für ein Gespräch zu Bill Clinton. Clinton war jedoch weder physisch noch geistig anwesend. Marquez' erfolgloser späterer Versuch, Madeleine Albright, die damalige Außenministerin, die ein Fan seiner Werke ist, von Castros Integrität zu überzeugen, wird mit nicht wenig Arroganz in ihren Memoiren, "Madam Secretary", festgehalten.
In Südafrika traten die Nobelpreisträger dafür ein. Nadine Gordimer schrieb einen Protestbrief an die New York Times. Erzbischof Desmond Tutu und José Saramago, der portugiesische Nobelpreisträger, sowie Noam Chomsky, Danny Glover und Alice Walker stellten der Kampagne zur Befreiung der Fünf ihre Namen zur Verfügung.
Am 27. Mai 2006 [es war 2005, Anm. d. Ü.] sagte die U.N.-Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierung, dass die Inhaftierung der Fünf eine Verletzung der internationalen Normen sei und forderte ein neues Verfahren. Genauso empört sind Amnesty International und die U.S.-Gesellschaft für Juristen.
Vergangene Woche schlug Zodwa Magwaza von der ANC in der Gesetzgebenden Versammlung von Westkap einen Antrag auf Freilassung der Fünf vor. Kgalema Motlanthe, die ANC-Generalsekretärin, sowie auch Cosatur und der SACP brachten ihre Solidarität zum Ausdruck.
Diese Solidarität bildet ein Gegenargument zu dem Porträt, in dem die guten Kumpel als Schurken dargestellt werden. An ihnen wird ein Exempel statuiert - eine Art Flaschenpost an die widerspenstige revolutionäre Insel, die Nixon 1959, als Castro 1959 dem U.S.-freundlichen Fulgencio Batista Regime die Macht abgerungen hatte, "ein Krebsgeschwür" nannte.
Wenn González sagt, die "Patt-Situation" zwischen den USA und Kuba "reicht zurück in die Vergangenheit", erinnert das an die Kubakrise 1962 - die militärische Konfrontation zwischen den USA, der Sowjetunion und Kuba. Es bringt die Proteste der kubanischen Flüchtlinge gegen die Gefangenenzellen in Erinnerung, in die sie 1980 bei ihrer Ankunft in Arkansas abgeschoben wurden, womit der hartnäckige damalige Gouverneur Bill Clinton seinen intoleranten Standpunkt gegenüber Castros Landsleuten bekräftigte.
Hillary Clinton, die demokratische Senatorin und hoffnungsvolle Präsidentschaftskandidatin, befürwortet eine Fortsetzung seiner Politik, und das verheißt nichts Gutes.
Barack Obama, der demokratische Senator von Illinois und U.S.-Präsidentschaftskandidat, rief vergangenen Monat zu einer Beendigung der von der Bush-Administration 2004 und 2006 auferlegten Wirtschaftssanktionen auf, "die kubanische Familien gnadenlos von einander trennt".
Obama sagte, er beabsichtige, den Cubano-Amerikanern unbeschränkte Rechte zum Besuch ihrer Familien und Geldüberweisungen an die Insel zu gewähren. Er möchte die 50-jährige Strafe für Kuba und die lähmende U.S.-Blockade durchbrechen und Gespräche mit Havanna eröffnen.
Deswegen beschuldigte Clinton ihn der Verantwortungslosigkeit. In ihrer Autobiographie "Lebendige Geschichte" schreibt sie, dass sie bei Nelson Mandelas Amtseinführung Wert darauf legen musste, nicht mit Castro zu sprechen. Vielleicht sah sie Mandelas Umarmung von Castro nicht oder hörte nicht, dass Mandela zu Castro sagte: "Wir verdanken diesen Tag Dir."
Clintons Absicht, wenn sie an der politischen Isolation festhält, ist offensichtlich die, nach vorne auf die Unterstützung, die sie aus Florida braucht, zu blicken. Florida war ja, wie sie sich erinnern werden, der Swinger-Staat, der 2004 über den [marginalen] Sieg von George Bush über John Kerry entschied.
Sie brauchen keinen Psychologie-Abschluss, um dieses Machtspiel zu verstehen. Aber González studiert aus einem anderen Grunde Psychologie.
Sie sagt, sie möchte, dass ihre Familie "heil ist", wenn ihr Vater zurück kommt. In einer Art emotionaler Vorhölle nähren sich die kubanischen Frauen von den Krumen, die ihnen die U.S.-Regierung zuwirft. Sie halten sich an den erhaschten Sätzen über die Telefonleitung fest.
Sie errechnen ihren Anteil aus den 300 Minuten, die den Gefangenen monatlich gewährt werden und zu denen die Anrufe der Anwälte gehören. Sie haben keine andere Wahl als weiter zu kämpfen.
Letzte Woche protestierten sie vor der U.S.-Botschaft in Pretoria, Tage bevor Felipe Pérez Roque, der kubanische Außenminister, Bush vor der UN-Generalversammlung" "einen rücksichtslosen Weltbullen" nannte.
Es ist diese Tradition, die diese Frauen weiter kämpfen lässt.
"Es zwingt uns, unsere Gefühle zu überwinden, was uns stärker macht," sagt Pérez. Diese Einsicht rührt sie zu Tränen. "Auch zu sehen, dass unsere Ehemänner ihre Menschlichkeit nicht verloren haben, macht uns ... stolz auf sie."
Nun bricht González, die tapfere junge Frau, die der Verlust ihrer Unschuld nicht verbittert hat, ebenfalls zusammen, und das Interview nähert sich inmitten diesen Leids seinem natürlichen Ende - und mitten in einer Darstellung von Widerstandsfähigkeit. Pérez fährt fort: "Mein Ehemann hat seinen Optimismus nicht verloren, und er gibt einem die Unterstützung und die Widerstandskraft, weiter zu kämpfen und von der Zukunft zu träumen. Nur die Zukunft ist sicher."

Deutsch: ¡Basta Ya!

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