The Huffington Post, 10. August 2010

Salim Lamrani
Dozent an der Sorbonne, Paris
Herausgegeben am 3. August, 2010

Kuba und die Heilsamkeit des Dialogs

Der von der Katholischen Kirche und Spanien initiierte Dialog mit den kubanischen Behörden war erfolgreich. Tatsächlich stimmte Kuba nach der Freilassung von Ariel Sigler im Juni 2010, der aus gesundheitlichen Gründen beschloss, in die USA auszuwandern, der Freilassung von 52 der so genannten, bei Amnesty International aufgeführten 55 politischen Gefangenen in den nächsten vier Monaten zu. Sie waren 2003 verhaftet und wegen "Verbindung mit einer ausländischen Macht" zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden (23 der ursprünglich 75 Verurteilten waren schon freigelassen worden). Sie hatten von Washington zur Verfügung gestellte Mittel zur Förderung der Opposition gegenüber der kubanischen Regierung angenommen. Solche Aktivität stellt in Kuba ein schweres Verbrechen dar und die kubanische Justiz war besonders streng mit ihnen. Ihre Schuld steht außer Frage: Washington, die Medienkonzerne, Amnesty International (AI) und die Dissidenten selber geben das zu.
Havannas Kardinal Jaime Ortega und der spanische Außenminister Miguel Angel Moratinos erhielten auch das Einverständnis der kubanischen Regierung, die Anspruchsberechtigten dieser Maßnahme in Spanien anzusiedeln. Die ersten Freilassungen fanden am 10. Juli 2010 statt, und die Fotos der Medien demonstrierten, dass die Gefangenen während ihrer Haft gut ernährt worden waren. Die meisten von ihnen waren etwas übergewichtig und bei guter Gesundheit. Am 25. Juli 2010 wurden insgesamt 20 Personen (von den 52) nach Spanien geflogen.
Cardinal Ortega sagte, die Umsiedlung sei "ein Angebot" und kein erzwungenes "Exil". In der Tat konnten die freigelassenen Dissidenten auch in Kuba bleiben, doch die meisten beschlossen, das Land zu verlassen und (unter anderem) aus offensichtlich wirtschaftlichen Gründen nach Spanien zu reisen, da das Land wie viele andere Nationen gerade von der globalen Krise betroffen ist. Von den 32 bleibenden Personen sagen zehn, dass sie in Kuba bleiben wollen. Moratinos bestätigte auch, dass Raúl Castro versichert habe, dass jene Freigelassenen wieder nach Kuba zurück kommen und ihren Besitz behalten könnten. Spanien hat sich seinerseits verpflichtet, alle freigelassenen Gefangenen willkommen zu heißen und ihnen den Einwandererstatus zu gewähren.
Ricardo Alarcón de Quesada, der Präsident des kubanischen Parlaments, versicherte, dass diese Freigelassenen in Kuba bleiben könnten, wenn sie es wünschten. "Es gibt in Kuba Leute, die vor Jahren aus dem Gefängnis entlassen wurden und in ihren Wohnungen sind." Er sagte auch: "Die Absicht der kubanischen Regierung besteht darin, all jene aus der Haft zu entlassen, die keine Gewaltverbrechen begangen haben", zusätzlich zu den 52 der Katholischen Kirche und Madrid zugestandenen Freilassungen.
Der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten José Miguel Insulza hat sich über den politischen Erfolg aufgrund des von Madrid und dem Vatikan unternommenen Dialogs in gegenseitigem Respekt gefreut, der im Gegensatz zu den repressiven Maßnahmen seitens der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union stehe, deren verschiedene über Kuba seit 1960 bzw. 1996 verhängten Sanktionen vergeblich gewesen seien. Laut Insulza sei "die Entscheidung der kubanischen Regierung ein positiver Schritt, der den Weg zu einem Wandel des heimischen Klimas auf der Insel ebnet."
Außenministerin Hillary Clinton begrüßte die Freilassung der 20 Häftlinge und nannte sie ein "positives Signal". Sie sagte auch, dass die Obama-Administration sich durch diese Entscheidungen "ermutigt" fühle. Die Sprecherin des US-Außenministeriums Virginia Staab drückte ihre Befriedigung so aus: "Wir sehen in der Freilassung politischer Gefangener eine positive Entwicklung." Philip J. Crowley, der Vizeaußenminister applaudierte den "Bemühungen der kubanischen Katholischen Kirche, Spaniens und anderer, die für die Freilassung von Gewissensgefangener aus der Haft in Kuba gearbeitet haben."
Auch die Europäische Union begrüßte die Ankündigung der katholischen Kirche: "Die EU unterstützt aktiv den andauernden Dialog und ist bereit, die Entlassung der maximalen Zahl von politischen Gefangenen zu unterstützen," sagte Catherine Ashton, die Leiterin der europäischen Diplomatie.
Spanien, dem wegen seines "erfolgreichen Dialogs und seiner erfolgreichen Diplomatie" gratuliert wurde, hat die Europäische Union dazu aufgerufen, die 1996 angenommene Gemeinsame Position aufzugeben. Diese Politik, die offiziell von der Menschenrechtssituation angeregt worden war, ist immer noch in Kraft und limitiert den politischen, diplomatischen und kulturellen Austausch zwischen Havanna und Brüssel. Sie ist das Haupthindernis für die Normalisierung bilateraler Beziehungen. Kuba weist die Gemeinsame Position als diskriminierend zurück - dass die Insel laut AI weit entfernt davon ist, die schlimmste Nation des Kontinents in Bezug auf die Respektierung der Menschenrechte sei - scheinheilig - wenn man bedenkt, dass die Europäische Union mit 27 Ländern nicht gerade untadelig ist bezüglich der Respektierung fundamentaler Rechte, wieder laut AI - und interventionistisch - weil Brüssel die Aufhebung von Sanktionen von strukturellen Änderungen in Kuba abhängig macht, was gegen das Prinzip der Souveränität der Selbstbestimmung der Nationen verstößt.
"Es ist an der Zeit eine neue Beziehung zwischen der EU und Kuba zu etablieren," sagte Moratinos, der die "neue Haltung der kubanischen Behörden" betont. "Alle Gewissensgefangenen, politischen Gefangenen, werden innerhalb von vier Monaten entlassen, oder früher," fügte er hinzu.
Die spanische Diplomatie und die der katholischen Kirche haben gezeigt, dass ein Dialog auf der Grundlage gegenseitigen Respekts und Nichteinmischung das beste Rezept ist, um Ergebnisse zu erzielen. Madrid und der Vatikan haben begriffen, dass Kuba auf gewaltandrohende Sprache nicht reagiert, und dass eine Politik der Sanktionen zum Scheitern verurteilt ist.
Nach der Freilassung von 32 als "politisch" eingestuften Gefangenen in den nächsten Monaten, werden nur drei als von Amnesty International als Gewissensgefangene erachtete Gefangene übrig bleiben. Aber auch sie werden laut Alarcón sicherlich innerhalb der selben Zeitspanne entlassen werden. Nebenbei, die Hauptanschuldigung gegen die kubanische Regierung, nämlich Gewissensgefangene, wird damit hinfällig, und die Europäische Union wird gezwungen sein, die Gemeinsame Position fallenzulassen.
Aber die bedeutendsten Gesten sollten aus den USA kommen, wenn man bedenkt, dass sie seit einem halben Jahrhundert wirtschaftliche Sanktionen gegen Kuba verhängen, die weit davon entfernt, die Führungspersönlichkeiten zu treffen, die verletzlichsten Kreise der kubanischen Bevölkerung treffen und das größte Hindernis für die Entwicklung Kubas darstellen.
Präsident Barack Obama hat wiederholt seinem Wunsch Ausdruck verliehen, die Beziehungen zu Havanna zu normalisieren. Er kann einen ersten Schritt in diese Richtung gehen und fünf kubanische politische Gefangene freilassen, die seit 1998 in den USA inhaftiert sind, weil sie gewalttätige Gruppen in Südflorida infiltriert hatten, die für Dutzende von Terroranschlägen gegen Kuba verantwortlich sind.
Amnesty International, die UN Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierungen, mindestens zehn Nobelpreisträger, die frühere irische Präsidentin Mary Robinson, der gesamte Senat Mexikos, der frühere Chief of Staff im Außenministerium von Colin Powell, Lawrence Wilkerson, 100 EU-Parlamentsmitglieder, die National Association of Criminal Defense Lawyers, die Akademikerorganisation Cuban-American Scholars, die Iberoamerikanische Gesellschaft der Ombudsmänner, das National Jury Project, das William C. Velasquez Institute, die Mexican American Political Association, die National Lawyers Guild, die National Conference of Black Lawyers, die Civil Right Clinic of Howard University School of Law, die International Association of Democratic Lawyers, die Florida Association of Criminal Defense Lawyers-Miami Chapter, das Center for International Policy und der Council on Hemispheric Affairs fordern alle die Freilassung von Gerardo Hernández Nordelo, Antonio Guerrero Rodríguez, Ramón Labañino Salazar, René González Sehwerert und Fernando González Llort.
Es bedarf nur einer einfachen Begnadigung. Es wird Zeit für Präsident Obama zu handeln, dessen Wahl zu so vielen Hoffnungen in der Welt führte.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

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