CounterPunch, Wochenendausgabe 24. - 26. August 2012

Regierungsgeschichten

Ein Schritt zur Befreiung der Cuban Five

Von Danny Glover und Saul Landau

Die Menschen halten an in Victorville, Kalifornien, 85 Meilen nordöstlich von Los Angeles, weil sie jemanden in einem ihrer verschiedenen Gefängnisse (des Bundes, Staats, des Landes und der Stadt) treffen müssen oder weil sie ein Geschäft in Gefängnisangelegenheiten zu erledigen haben oder weil sie erhitzt und müde sind, wenn sie auf dem Weg von Las Vegas nach Los Angeles zurückkommen und ihnen dann ein Swimmingpool und ein klimatisierter Raum unwiderstehlich vorkommt.
Wir buchen Zimmer, damit wir früh im Gefängnis sein und mehr Zeit mit Gerardo Hernández verbringen können. Wir kennen den Highway 15 West schon, der über Wüstenhügel führt, von wo aus man die massiven grauen Betonbauten sieht - den Bundeszuchthauskomplex.
Wir füllen Formulare aus, passieren einen Röntgenschirm, werden von einem Wachhabenden abgetastet, bekommen unsere Stempel aus wischfester Tinte auf die Handgelenke, die im nächsten Raum gescannt werden, und um 8:45 Uhr werden wir im Besucherraum mit den schwarzen und Latino-Ehefrauen und Kindern platziert, die ihre Ehemänner und Daddies besuchen.
Gerardo erscheint, wir umarmen uns und beginnen das Gespräch. Er erzählte uns, dass Martin Garbus, sein Anwalt, ein neues Schriftstück (verfügbar auf www.thecuban5.org) eingereicht hat, das erklärt, Gerardos Gerichtsverhandlung habe die Grundrechte und die Verfassung verletzt und sie daher für ungültig erklärt werden sollte, was ihn und seine Kameraden von ihren langen Haftstrafen befreite.
Dokumente zeigen laut dem Schriftstück, dass die US-Regierung eine Menge in Miami ansässiger Journalisten dafür bezahlt hat, negative Berichte über Gerardo und seine Mitangeklagten (Die Cuban 5) zu verfassen. Diese von der US-Regierung bezahlten Geschichten erschienen in Zeitungen, Magazinen, Radio- und Fernsehbeiträgen und beeinflussten die öffentliche Meinung in der Gemeinde, einschließlich die der Geschworenen und ihrer Familien, wie das Schriftstück argumentiert, und daher zieht es die Frage, ob in Miami eine faire Verhandlung für die fünf dort angeklagten Männer möglich war, in schwere Zweifel.
Das Schriftstück erklärt, dass die US-"Regierung die Print-, Radio und Fernsehmedien insgeheim erfolgreich unterwanderte, um eine Verurteilung zu verfolgen, war ohne Präzedenzfall", und "verletzte die Integrität der Gerichtsverhandlung und die Rechtsstaatlichkeitsbestimmung in der Verfassung."
Garbus argumentiert darüber hinaus: "Die Regierung veröffentlichte über illegale Zahlungen von Millionen von Dollar und über einen Zeitraum von sechs Jahren mindestens Tausende von Artikeln, die das Verfahren beeinflussten und die Jury davon überzeugte zu verurteilen. Die Antwort der Regierung auf diesen Einspruch ist schlicht unhaltbar und rechtlich inkorrekt. Die Verurteilung muss jetzt ausgesetzt werden."
In dem langen Schriftstück zeigt Garbus, wie Journalisten in der ausschließlichen Absicht für Nachrichtenherausgeber schrieben und redeten, ein verzerrtes Bild von den Handlungen, die darin bestanden, den von Miami ausgehenden Terrorismus in Kuba zu verhüten, der Angeklagten zu vermitteln und sie stattdessen, wie Garbus' Schriftstück zeigt, als Militärspione darzustellen, die eine kubanische Militärinvasion in Südflorida vorzubereiten versuchten.
Der Miami Herald hat die Journalisten gefeuert, weil sie gegen eine grundlegende Regel verstoßen hatten - von der Regierung Geld anzunehmen und dafür Artikel zu schreiben. Die Anweisung lautet "Thomas Fiedler, der Chefredakteur und Vize-Präsident des Miami Herald sagte, als er über die Gelder, die von der US-Regierung an seine Mitarbeiter und die Mitarbeiter anderer Medien gezahlt wurden, sprach, es sei unrechtmäßig, da sie eine Mission der US-Regierung ausführen sollten, eine Propaganda-Mission. Es sei falsch, auch wenn es nicht geheim war." Es war geheim, weil die Regierungsbeamten wussten, dass es falsch und illegal war.
Gerardo und vier Mitstreiter haben schon fast 14 Jahre in Bundesgefängnissen abgesessen, weil sie versucht hatten, rechtsradikale Strolche aus Miami daran zu hindern, Bombenanschläge auf Havanna zu begehen. 1997 traf eine Reihe von Bombenanschlägen Hotels, Restaurants, Bars und Clubs. Ein Tourist starb und viele kubanische Angestellte dieser Einrichtungen wurden verletzt. Die Anschläge wurden von Luís Posada Carriles, heute Einwohner von Miami, organisiert und mit dem Geld von rechtsradikalen Exilanten finanziert.
Als wir umgeben von meist farbigen Menschen mit vier Wächtern, die uns und die anderen Besucher beobachteten, im Besuchszimmer saßen, knabberten wir salzige Snacks aus dem Automaten ("Gefängnisgourmet").
Gerardo erzählte uns von seiner Zeit im "Loch", nicht wegen schlechten Benehmens seinerseits, sondern zu seinem "Schutz"! Er sprach von Entbehrungen, von der Eintönigkeit der täglichen Routine. "Sieh dich um", sagte er, "du siehst nicht viele Menschen der Mittelklasse hier." Es gab keinen. Die meisten Gefangenen waren schwarz oder Latinos und einer, von dem Gerardo glaubt, er sei ein Abkömmling armer Okies *). Alle haben zu wenig Geld, um sich gute Anwälte leisten zu können.
"Ich wurde 2004 von Lompoc hierher gebracht, weil Lompoc kein Hochsicherheits-Gefängnis mehr war," erzählte uns Gerardo. Als ob ein kultivierter, disziplinierter Mann Hochsicherheit benötige. Wir wüssten gerne, wie wir die Strafe einer Inhaftierung in einer Besserungs- und Rehabilitations-Institution aushalten könnten, in der weder Besserung noch Rehabilitation stattfinden.
Wir fuhren vom Gefängnis zum Flughafen Ontario und fragten uns: "Was," fragten wir uns, "was macht ein gut ausgebildeter Kubaner an einem solchen Ort?" Die US-Regierung wusste, dass die kubanischen Agenten kubanische Exilgruppen infiltriert hatten, die die Absicht hatten, der kubanischen Tourismusindustrie Schaden zuzufügen. Die Fünf bekämpften den Terrorismus und teilten dem FBI ihre Informationen mit. Sie hätten nie angeklagt werden dürfen und jetzt, nach fast 14 Jahren im Gefängnis, sollten sie endlich befreit werden.
Präsident Obama könnte und sollte sie begnadigen und nach Hause schicken. Kuba hat angedeutet, dass es mit der Freilassung von Alan Gross antworten würde, der für eine Firma im Auftrag von USAID mit dem Ziel, die kubanische Regierung zu destabilisieren, arbeitete und in Kuba verurteilt wurde. Es ist Zeit für Präsident Obama, diese Angelegenheit auf seine Tagesordnung zu setzen.

Danny Glover ist Aktivist und Schauspieler.

Saul Landaus Film "WILL THE REAL TERRORIST PLEASE STAND UP" [Möge der wahre Terrorist bitte aufstehen] wird am 12. September in Portland im Clinton Theater und am 21. September im Toronto aufgeführt.

*) Wikipedia: Als Okies bezeichnete man eine Gruppe von Wirtschaftsflüchtlingen, die in den 1930er Jahren vor den wirtschaftlichen Folgen der "Großen Depression", aber auch vor der ökologischen Katastrophe im sogenannten "Dust Bowl" aus Oklahoma nach Kalifornien geflohen sind und dort mit lateinamerikanischen und philippinischen Arbeitern um Tagelöhnerjobs in der Landwirtschaft und der weiterverarbeitenden Industrie konkurrierten.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: CounterPunch, vom 24. August 2012)

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