CounterPunch, 25. März 2013

Die USA feiern Yoani, hören ihre Botschaft aber nicht

Kubas Prinzessin des Internets

Von Saul Landau und Nelson P. Valdes

Liberale und konservative Amerikaner haben die kubanische Bloggerin Yoani Sanchez gleichermaßen gefeiert. Sie ist zur neuen Heldin des "Widerstandes gegen den kubanischen Kommunismus" geworden, eine weltbekannte Unruhestifterin innerhalb des kommunistischen Kubas.
Dank der weiten Verbreitung ihres "Gen Y"- Blogs (Kubaner einer gewissen Ära erhielten Namen, die mit Y anfangen) erreichte Yoani auch in Westeuropa den Status einer "Semi-Prinzessin", ihre Kolumnen, die von unbestätigten Gerüchten gespeiste Beschreibungen des täglichen Lebens in Kuba enthalten, die sie kursieren lässt, um die kubanische Regierung schlechtzumachen, erscheinen in "Huffington Post", "El Pais", "Die Zeit" und anderen angesehenen Zeitschriften. Innerhalb Kubas lesen nur wenige ihren Blog, die meisten Kubaner hätten weder ihren Namen gehört noch würden sie ihr Gesicht wieder erkennen, wenn sie sie sähen.
In der vergangenen Woche besuchte Yoani nach Brasilien, Argentinien und Mexiko, New York, Washington DC und Miami. Zu den Höhepunkten ihrer Reise kam es in der Hauptstadt des Landes. Dazu gehörte ein sehr breit veröffentlichtes Gespräch mit Mitgliedern beider Häuser und dem Mitarbeiterstab des Weißen Hause. Sie war gerade von der Vorstellung ihres Falles vor dem brasilianischen Parlament gekommen, wo sie drei Punkte aus dem Verhältnis zwischen den USA und Kuba hervorgehoben hatte, die sie in Washington wiederholte.
"Meine Haltung ist die, dass die Blockade beendet werden sollte," sagte sie, "denn sie ist eine interventionistische Einstellung, bei der ein Land das Innere eines anderen Landes ändern will. Zweitens hat sie nicht funktioniert. Wenn der ursprüngliche Gedanke der war, Unruhe unter dem Volk zu stiften, damit es auf die Straße ginge und die totalitäre Regierung stürze, so hat dies nicht funktioniert, sie hat sogar als Druckmittel versagt. Sie sollte so schnell wie möglich beendet werden, weil sie der kubanischen Regierung den Vorwand liefert, damit ihr wirtschaftliches Versagen erklären zu können." Sie hat auch schon ihren Widerspruch gegenüber dem Reiseverbot für US-Bürger nach Kuba angemeldet. "Wenn die Reisebeschränkungen nach Kuba aufgehoben werden," schrieb sie am 19. November 2009 an Howard Berman, "dann würden Amerikaner ein Recht genießen, das in den letzten Jahren gebrochen wurde - das der Reisefreiheit überall hin ohne Bestrafung."
Als sie zu ihrer Haltung gegenüber der US-Marinebasis in Guantanamo, Kuba, gefragt wurde, antwortete Yoani, dass sie denke, die USA sollten sich von der Basis zurückziehen, denn sie sei "Zivilistin, eine Person, die das Rechtssystem respektiert, und ich könnte der Besatzung eines Orts nicht zustimmen, die zeigt, dass der Besatzer das Gesetz nicht respektiert."
Und in Brasilien beantwortete sie auch eine Frage nach den Cuban 5, den Mitgliedern des Innenministeriums, die jetzt in US-Gefängnissen sind. Die USA sollten sie freilassen, wegen "der Menge Geld, die die Regierung meines Landes für diese weltweite Kampagne ausgibt, für Flugzeugreisen um die Welt, wegen der Vereinnahmung von Raum in der Presse und der mit den Reden über diese fünf Gefangenen an Schulen verschwendeten Zeit," erklärte sie.
Sie prangerte auch den Mangel an Internetfreiheit in Kuba an - eine Übertreibung. Sie machte ihre Erklärungen eines erwünschten Politikwandels lächerlich.
Ihre Klageabweisung der Aufgabe der Geheimagenten, die Anfang der 1990er nach Südflorida geschickt wurden, charakterisierte ihre banale Sicht auf die Welt. Die Cuban Five und ihr ausgedehntes Netzwerk von Agenten hatten die Unterwanderung der gewalttätigen kubanischen Exilgruppen zur Aufgabe, die Touristeneinrichtungen in Havanna bombardierten.
Ihr Job war es, dabei zu helfen, weitere Bombenanschläge zu verhindern. Der kubanische Geheimdienst übermittelte die Erkenntnisse ihrer Agenten in Florida an das FBI, das bei einer Gelegenheit die Daten der Agenten dazu nutzte, ein im Miami River liegendes Schiff voller Waffen und Sprengstoff zu beschlagnahmen, das nach Kuba reisen sollte.
1998 verhaftete das FBI die Mitglieder des Agentenringes. Sie wurden wegen Verschwörung, Spionage begehen zu wollen, angeklagt, nicht wegen Spionage. Ihr Koordinator Gerardo Hernández wurde auch wegen Verschwörung, Mord begehen zu wollen, angeklagt, und zwar aufgrund der falschen Annahme, er habe Havanna mit den Flugplänen der Flugzeuge der "Brothers to the Rescue" versorgt, die den kubanischen Luftraum verletzten und abgeschossen wurden, wobei zwei Piloten und zwei Kopiloten ums Leben kamen. Die US-Regierung hatte keine Beweise für ihre Anklagen. Tatsächlich hatte der Leiter der "Brüder" José Basulto die Flugpläne bekannt gegeben. Aber eine Jury in Florida sprach ihn schuldig, und die Richterin verurteilte ihn zu zwei aufeinanderfolgenden lebenslangen Strafen. Die Anderen erhielten ebenfalls lange Haftstrafen. Kuba verglich die Fünf mit den schlimmsten Fällen von verlogener politischer Gefangenschaft. Yoani lieferte einen banalen Vorwand für ihre Freilassung.
Ähnlich reduzierte sie die politische und moralische Bedeutung, die Kuba den Angelegenheiten von Guantánamo und dem Embargo beimisst.
Die Ironie Yoanis, die von Anti-Castro-Kräften, einschließlich der US-Medien und dem Kongress, zur virtuellen Königin der Dissidenten gekrönt wurde, liegt darin, dass sie die Schlüsselpunkte nennt, auf die die kubanische Regierung seit mehr als einem Jahrzehnt hinweist. Aber niemand scheint sie gehört zu haben. Die Medien konzentrierten sich auf gelegentliche Unterbrechungen ihrer Reden durch verärgerte Linke, statt über den Inhalt ihrer Reden zu berichten. Als sie im Kongress und im Weißen Haus ankam, verlieh man ihr Prominentenstatus, soll heißen, man feierte den Besuch einer wichtigen Person und legte wenig Aufmerksamkeit auf die Übereinstimmung ihrer Punkte mit denen der kubanischen Regierung.
Nicht ein Bericht in der Mainstream-Presse begriff die Ironie, dass Kubas führende Dissidentin genau das vertrat, was die kubanische Regierung seit Jahren vorbringt.
Yoani repräsentiert für die US-Medien die technologische Epoche der Kommunikation, indem sie ihre wöchentliche Internetkolumne, die sie für wenig Geld von kubanischen Hotels aus und per USB-Stick aus der US-Interessensvertretung und anderen Botschaften vertreibt. Sie dreht jede Kolumne in einen Angriff gegen die kommunistische Regierung, die es verfehle, ihr und ihrem Sohn effektiveren staatlichen Wohlfahrtsdienst zu liefern.
Die Prinzessin der technologischen Kommunikation feiert ihr triumphales Debüt. Aber anscheinend kümmern sich die Mächtigen und Angehörigen der Mainstream-Medien nicht um das, was sie sagt. Die kubanische Regierung sollte nichtsdestotrotz stolz auf sie sein. Sie machte ihr Ding in unterschiedlicher Sprache im US-Kongress und im Weißen Haus und in der Öffentlichkeit. Aber ach, die Augen sehen, aber die Ohren sind verschlossen.

Saul Landaus FIDEL und WILL THE REAL TERRORIST PLEASE STAND UP sind bei cinemalibrestudio.com verfügbar.

Nelson P. Valdes ist emeritierter Professor der Universität von Neu Mexiko.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: CounterPunch vom 25. März 2013)

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