Das Internationale Komitee für die Freiheit der Cuban 5 gibt per E-Mail bekannt:

Kuba-U.S.: Eine geheime Geschichte um den Wiederaufbau ihrer Brücken

Von David Vásquez Abella, Rosa Miriam Elizalde

13. Oktober 2014

Nach vorausgegangenen Buchrezensionen in den großen U.S.- und europäischen Medien und den daraus entnommenen Meldungen von vor zwei Wochen über dessen unerschöpfliche Recherche wurde das Buch, "Back Channel to Cuba" [Rückflusskanal nach Kuba] (Universität von North Carolina-Presse, 2014) von William LeoGrande und Peter Kornbluh, heute um 16:00 im Villena-Saal der Vereinigung der Schriftsteller und Künstler von Kuba (UNEAC) in Havanna vorgestellt.
Die heutige Veranstaltung ist nicht nur deshalb einmalig, weil sie die Medienaufmerksamkeit für die "verdeckte Kommunikation, den Dialog hinter verschlossenen Türen über für die Geschichte der Vereinigten Staaten in Gegenwart und Zukunft, außerordentlich wichtigen und relevanten Geheimnisse" hervorhebt, wie einer seiner Autoren es beschrieb. Es wird gleichzeitig mit dem Werk über die politische Arbeit der Vereinigten Staaten gegenüber Kuba (Editorial de Ciencias Sociales, 2014) der kubanischen Autoren Elier Ramírez Cañedo und Esteban Morales Dominguez vorgestellt.

Es ist das erste Mal, dass zwei Versionen der selben Geschichte, die der Kuba-U.S.-Beziehungen, in den letzten 54 Jahren aus der Perspektive offizieller Dokumente, die in jedem der beiden Länder erhoben und bis heute außerordentlich gut verborgen wurden, vorgestellt worden sind. Die Bücher beweisen das Kommen und Gehen der Vermittler zwischen den beiden Ländern, auch in den Momenten der heftigen Feindschaft seines nördlichen Nachbarn gegenüber der Insel.
Cubadebate sprach mit LeoGrande, einem Professor an der "American University" in Washington und Kornbluh, einem Forscher am unabhängigen "National Security Archives" [Nationales Archiv für Sicherheit], kurz nachdem sie in Havanna angekommen waren. Im Dialog geht es um das, was Kornbluh als eine "noch nie da gewesene Gelegenheit zur Veranschaulichung der Geschichte, die den Weg in eine neue Geschichte ebnen könnte" zwischen den beiden Ländern bezeichnete.

Ein Projekt vieler Jahre

Dies ist ein Buch, dessen Fertigstellung einer zehnjährigen Arbeit bedurfte.

Kornbluh: Ich schrieb den ersten Teil vor 20 Jahren, als ich ein geheimes Dokument über (den früheren U.S.-Außenminister, Henry) Kissinger und Fidel (Castro) bekommen hatte. Vor zehn Jahren trafen Bill und ich einander und beschlossen, weiter zu recherchieren, um den Kontext, den das Buch wiedergibt, zu vervollständigen und besser auszuarbeiten.

Warum so viele Jahre?

LeoGrande: Als wir anfingen, dachten wir, dass wir nur einige Kapitel schreiben würden. Wir glaubten, dass wir nur wenige Geschichten über die Verhandlungen hätten. Dazu gehörten die Geschichte mit Kissinger, Präsident Carter und einige Dinge über Präsident Kennedy... Doch als wir mit der Recherche begannen, fanden wir heraus, dass jeder Präsident von 1959 an bis heute Kontakte über Kanäle zu Kuba aufrechterhält.
Mit anderen Worten, wir gingen vom Studium einzelner Administrationen zu allen Administrationen, angefangen bei der von Eisenhower. Sein Botschafter in Havanna hatte versucht, mit Raúl Roa zu verhandeln, um die Zerstörung der Beziehungen zu verhindern. Wir begannen dort und kamen zu Obama, der über Miguel Ángel Moratinos, dem früheren Außenminister Spaniens, eine Botschaft schickte, um eine "geheime Kommunikation" zwischen Havanna und Washington herzustellen. Wir haben die Geschichte jedes Präsidenten und die des Dialogs, den er mit der Insel herzustellen versuchte, eingesammelt. Einige Geschichten sind natürlich vollständiger als andere. Sogar George W. Bush versuchte zu reden und hörte dann auf. Bush erörterte solche Dinge wie die Kooperation gegen den Drogenhandel, Luis Posada Carriles und den Kampf gegen den Terrorismus.

Wie viel, denken Sie, bleibt noch übrig zu wissen?

Kornbluh: Man kann, was nicht bekannt ist, nicht wissen. Es ist offensichtlich, dass es noch mehr gibt, aber wir haben uns große Mühe gemacht, soviel wie möglich aufzudecken. Darum hat es so viele Jahre in Anspruch genommen, das Buch zu vollenden. Wir haben nach allem, wonach wir konnten, geschaut und dies nicht nur in den Vereinigten Staaten. Ich ging beispielsweise in eine Bibliothek in Madrid, die Information aufbewahrt von vor 500 Jahren und die Dokumente aller Außenminister Spaniens hat. Ich überprüfte die Akten des Außenministeriums der Franco-Ära, um dort dann Dokumente über einen spanischen Abgesandten zu finden, der 1967 eine Nachricht von der Johnson-Administration an Fidel Castro überbracht hatte. Sie waren in einem mit Geschenkband umwickelten Päckchen, und darin war der Bericht über seine Mission.

Die Verhandlung, bei der Gabriel García Márquez der Abgesandte Kubas für Bill Clinton war, ist bestens bekannt. Ist es wahr, dass Sie über diese Angelegenheit mit Fidel Castro sprachen?

Kornbluh: Die Treffen des kolumbianischen Nobelpreisträgers mit Clinton sind bekannt, und in dem Buch gibt es ein Bild dieses historischen Dinners mit Präsident Clinton und García Marquez, das während der Krise mit den Flößern Ende August 1994 stattfand. Es fand auf der berühmten Insel in Massachusets, Martha’s Vineyard, statt. Bei dem Treffen waren Bill und Hillary und der mexikanische Schriftsteller Carlos Fuentes und García Márquez.
Als Fidel mir Jahre später die Details dieses Treffens gab, waren wir hier in Kuba und trafen uns mit ihm nach dem die Enthüllungen bei einer öffentlichen Veranstaltung bekannt geworden waren. Während des Mittagessens im Palacio de Convenciones sagte Fidel zu mir: "Kornbluh, ich weiß, Sie wollen die freigegebenen kubanischen Dokumente, und ich habe beschlossen, Ihnen eine Kopie der von einer Schreibkraft getippten und seinen per Hand geschriebenen Kommentaren am Rand versehenen Original-Memoranda von García Márquez zu geben. Ich mache das jetzt, aber nur weil ich Gabo schon zuvor um Erlaubnis gebeten habe."

Das Helms-Burton-Gesetz

Sie sagen in dem Buch, dass der Helms-Burton Act die Aufhebung der Blockade verhindert. Doch in einer Video-Konferenz mit Havanna sagte der U.S.-Anwalt Robert Muse ausdrücklich, dass Präsident Obama die staatliche Vollmacht habe, dieser Politik ein Ende zu setzen. Ist das Helms-Burton eine unüberwindliche Mauer oder nicht?

LeoGrande: Das Helms-Burton kodifizierte das Embargo, doch es schließt präsidiale Autorität ein, kommerzielle Transaktionen über Lizenzvergabe mit Kuba anzuordnen. Als das Embargo gesetzlich festgelegt wurde, wurden Klauseln hinzugefügt, die die Autorität des Präsidenten über die Gewährung von Geschäftslizenzen enthielten. Der Präsident hat sehr wohl die Autorität, Lizenzen aus humanitären Gründen im Namen der nationalen Sicherheit zu gewähren, um "Demokratie in Kuba zu fördern", etc.
Alle Präsidenten haben diese Autorität wahrgenommen. Obama hat Ausnahmen von Telekommunikationsfirmen bis hin zu pharmazeutischen Firmen vergeben. Die logische Folge daraus ist, dass das Ausmaß dieser Autorität sich auf Lizenzen für fast alles erstrecken kann, aber es kann die Blockade insgesamt nicht rückgängig machen, da sie Gesetz ist. Es ist festgeschrieben. Er kann über Lizenzen für "People to People trips" alle Möglichkeiten für Reisen nach Kuba einrichten, aber er kann U.S.-Einwohnern nicht erlauben, als Touristen hier her zu kommen, denn speziell dies ist gesetzlich verboten.

Aber, wenn Präsident Obama die Autorität hat, die Sanktionen drastisch zu begrenzen, warum hat er bisher gerade das Gegenteil davon getan?

Kornbluh: Obama hat gesagt, dass die Politik versagt habe und dass sie kreativ sein müssten, um sie zu ändern. Das sagte er im vergangenen November. Er sagte es auch als Präsidentschaftskandidat und ging damals noch weiter, als er sagte, er wolle sich mit Raúl Castro an einen Tisch setzen. Und jetzt wird er diese Gelegenheit im nächsten April auf dem Gipfeltreffen der amerikanischen Staaten haben. Wir kommen in eine sehr interessante Zeit zwischen den beiden Ländern, aber es gibt viele Dinge, die der Präsident zu erledigen hat, um den derzeitigen Stand der Beziehungen zu verändern, die drei kubanischen Gefangenen in den Vereinigten Staaten freizulassen und die Rückkehr von Alan Gross zu erreichen, Kuba von der Liste der terroristischen Länder zu streichen und Robert Menéndez im Senat entgegenzutreten. Es wird interessant werden was passiert, wenn die Republikaner im November den Senat übernehmen.

Etwas Großes muss geschehen.

Sie sagen in Ihrem Buch, dass "etwas Großes" geschehen müsse, weil die kleinen Schritte bereits abgebrochen wurden durch die Provokationen der Fanatiker kubanischer Herkunft in den Vereinigten Staaten, die jeden Fortschritt für einen minimalen Wandel verhindern.

Kornbluh: Ja, das ist eine Lektion, die uns die Geschichte der Beziehungen der beiden Länder lehrt.

LeoGrande: Das Problem mit den "kleinen Dingen" ist, dass jedes Mal diejenigen, die gegen bessere Beziehungen sind, bei kleinen Veränderung so heftig reagieren wie bei großen, weil sie wissen, dass kleine Änderungen zu anderen größeren führen könnten. Alles, was man tun muss, ist, eine Schlacht zu gewinnen, kleine Veränderungen zu verhindern und so den ganzen Prozess zu beenden. Die Bemühungen, die Beziehungen Schritt für Schritt zu verbessern, sind am Ende immer gescheitert. Aber US-Präsidenten hatten immer Angst, etwas Dramatisches zu tun, wie die Reise von Präsident Nixon nach China. Sie hatten Angst davor, die Politik zu verändern. Um das Embargo vollständig abzuschaffen, müssen sie den Helms Burton Act außer Kraft setzen und die Mehrheit der Stimmen im Senat und im Kongress bekommen, was Republikaner typischerweise ablehnen.

Kornbluh: Aber während das nicht geschieht, kann der Präsident viele Dinge unternehmen, zum Beispiel Kuba von der Liste der terroristischen Länder zu streichen.

Niemals hat es soviel Konsens in den Vereinigten Staaten darüber gegeben, dass die Blockade eine Antiquität sei, die daran gescheitert ist, ihre Ziele zu erreichen.

Kornbluh: Es gibt keinen vollständigen Konsens. Wir können Dinge lesen, wie sie Sonntag von der New York Times gegen die Blockade veröffentlicht wurden. Wichtig ist nicht, ob es einen Konsens gibt oder nicht, sondern dass es einen ganz besonderen Zeitpunk zwischen jetzt und dem nächsten April gibt. Es gibt eine Gelegenheit in Florida, wie Hillary Clinton begriffen hat, die sich für eine Aufhebung der Blockade ausgesprochen hat, weil sie weiß, dass ihr das Geld und Stimmen in jenem Staat einbringen wird, anders als das, was ihr Ehemann tat, der die Blockade verschärfte, um Geld und Stimmen zu bekommen. Die Politik ändert sich langsam. Obama hat jetzt eine Chance. Er hat noch zwei Jahre als Präsident, aber nach meiner Meinung hat er nur ein Jahr, um die Politik gegenüber Kuba zu verändern.

Das regionale Gebot

Das Buch überprüft 50 Jahre geheimer Verhandlungen, was wir viel später herausfanden. Gibt es irgendein Anzeichen dafür, dass diese Dialoge anfangen, öffentlich zu werden?

LeoGrande: Wenn man so komplizierte Verhandlungen wie diese führt, mit so vielen Elementen, ist es schwierig, das öffentlich zu tun, weil innenpolitische Dinge hindern. Und Präsidenten beginnen fast immer Verhandlungen im Verborgenen, um zu sehen, ob sie beginnen können, Übereinstimmungen zu erreichen, bevor sie diese öffentlich machen.

Aber sie haben es mit anderen Ländern gemacht. Warum sind die Beziehungen mit Kuba schwieriger als beispielsweise mit Vietnam oder dem Iran?

Kornbluh: Die Beziehungen zwischen diesen Ländern und den Vereinigten Staaten waren so, wie sie heute mit Kuba sind. Bevor die Möglichkeit von Veränderungen in den Beziehungen öffentlich gemacht wurden, wurden sie zuerst geheim verhandelt. Mit Iran sprach man ein Jahr lang im Geheimen.
Das ist exakt die Mission des Buches, zu zeigen, dass es eine historische Plattform gibt, um durch diese Verhandlungen zu kommen, und dass man den Punkt eines öffentlichen Dialogs erreichen kann. Es zielt auf die Tatsache, dass es nichts Neues für US-Präsidenten ist, "mit den Castros zu sprechen". Die "Anti-Dialogeros" - wie er Alex Watson, den Assistenten für inneramerikanische Angelegenheiten des Außenministers in einem geheimen Memorandum nannte - die ausgestiegen sind, um einen Dialog mit Kuba zu verhindern, haben, wie wir behaupten, alle so gehandelt. Darum kann Obama es machen, und vielleicht sogar öffentlich.

Bei all’ den Problemen, denen sich Obama außenpolitisch gegenüber sieht, hat da Kuba Priorität?

Kornbluh: Kuba hat keine Atomwaffen und ist deswegen vielleicht keine Priorität für Obama. Aber es gibt ein regionales Gebot. Obama ist ein gewandter Mann wie viele, die ihn umgeben, die genau wissen, dass die Blockade lächerliche Politik ist, und dann gibt es die Angelegenheit mit den Versprechungen und dem Vermächtnis seiner Administration.

LeoGrande: Das traditionelle Hindernis in den USA - die politische Macht der kubanisch-amerikanischen Gemeinde - hat sich verändert. Die Mehrheit ist für einen Politikwandel, und sogar die Mehrheit der Wähler in dieser Gemeinde unterstützt den Wandel. Also ist das traditionelle Hindernis in Florida verschwunden. Obama muss sich keine Sorgen um eine Wiederwahl machen, und weil Hillary Clinton bereits gesagt hat, dass das Embargo keinen Sinn mache, muss er sich keine Sorgen machen, dass die Aufhebung des Embargos sie politisch beeinträchtigt.
Dazu kommt noch der Druck aus Lateinamerika, der in den letzten 30 Jahren nie so groß war, die Politik gegenüber Kuba zu verändern. Uns erscheint, dass all’ diese Einflüsse dem Präsidenten viele Gründe geben, die Politik zu verändern, von der er selbst gesagt hat, dass sie keinen Sinn ergebe und nicht funktioniere.

Bei der UNEAC

Kornbluh und LeoGrande haben hohe Erwartungen an das, was Montag bei der UNEAC passieren wird. Der Forscher des Nationalen Sicherheitsarchivs der George Washington University räumt ein: "Das erste Buch mit Dokumenten aus Kuba ist das von Elier Ramírez und Esteban Morales. Wir sind hier, um die beiden Bücher, die US- und kubanische Dokumente enthalten, zusammenzuführen. Es ist sehr wichtig, die Dokumente und Vorstellungen in einer Zeit, in der die gemeinsame Geschichte relevanter denn je ist, zu vergleichen. ... Wir möchten dieses Buch Historikern und kubanischen Forschern vorlegen und ihnen für ihre Teilnahme an dieser Forschung danken."
LeoGrande fügte hinzu, dass die Hauptquellen von "Back Channel to Cuba" in den Vereinigten Staaten gewesen seien. "Es war uns von Anfang an wichtig, die Geschichte aus der Sicht beider Seiten zu erzählen. Und die kubanischen Diplomaten, die an den Verhandlungen teilgenommen hatten, waren sehr großzügig, als sie mit uns sprachen und uns die kubanische Version der verschiedenen Runden der Gespräche berichteten, was uns half, die richtige Balance zu finden."

Raúl Castro

Peter Kornbluh und William LeoGrande kamen mit allen Büchern, die sie mitbringen konnten, nach Havanna, aber es sind nicht genug, um all’ denen, die auf der Insel mit den Forschern zusammenarbeiteten, ein Exemplar zu übergeben. Sie räumten ein, dass die spanische Version und bis noch mehr Exemplare die kubanischen Leser erreichen werden, es noch eine Weile brauchen werde. Die Leute müssen sich mit den Berichten in den Medien begnügen. Oder sie leihen sich ein Buch von jemandem, der es schon gelesen hat.
Das ist, was wir taten, und wir sahen, dass die ersten Seiten mit einer Erklärung des kubanischen Präsidenten Raúl Castro beginnen.
"Unsere Beziehungen sind wie Brücken in Zeiten des Krieges. Es ist keine Brücke, die leicht zu reparieren ist, und auch nicht so schnell wie sie zerstört wurde. Es dauert seine Zeit, und wenn beide Seiten ihren Teil der Brücke reparieren, sind wir in der Lage, uns die Hand zu geben ohne Sieger und Verlierer."
Peter Kornbluh erklärt: "Die Überraschung ist, dass Raúl das während eines privaten Treffens mit den Senatoren George McGovern und James Abourezk 1976 in Havanna sagte. Es ist sehr hübsch und ein Beweis dafür, dass er schon seit langer Zeit über Brückenreparaturen spricht. Es ist ein Satz, der ohne Diskussion zum Wesen der Beziehungen zwischen Kuba und den Vereinigten Staaten kommt.

Deutsch: ¡Basta Ya! (jmb, db)

(Quelle: Cubadebate)

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