Gerardo Hernández: Stärker denn je

21. April 2003

Von Alicia Jrapko und Bill Hackwell (Mitglieder des "National Committe to Free the Five")

Als wir die dreihundert Meilen von San Francisco nach Lompoc fuhren, waren wir nicht sicher, ob die Gefängnisbehörden es uns erlauben würden, Gerardo Hernández, einen der fünf zu Unrecht in den Vereinigten Staaten festgehaltenen kubanischen politischen Gefangenen zu besuchen. Als wir das letzte Mal versuchten, Gerardo zu besuchen, war das kurz nachdem man ihn und die anderen auf Anordnung von Justizminister John Ascroft, der sich auf Maßnahmen der "Nationalen Sicherheit" berief, ins "Loch" geworfen worden hatte. Am 7. März erklärte uns ein Justizbeamter des Gefängnisses am Eingang von Lompoc, dass wir Gerardo vermutlich niemals wiedersehen würden.

Seit seiner Entlassung aus dem "Loch" am 28. März hatte Gerardo außer einem einzigen gerichtlichen Besuch keine Besucher empfangen, sodass unsere Zweifel, ob man uns hinein lassen würde oder nicht, blieben. Früh am Morgen erledigten wir den gesamten notwendigen Papierkram und als wir hinter die Gitter traten, hatten wir immer noch Angst, irgend jemand könne uns den Zutritt verweigern. Wir waren erst sicher, als sich die Tür des Besucherraums öffnete und Gerardo, ein Held des kubanischen Volkes, lächelnd, mit hoch erhobenem Haupt, eintrat.

Während der nächsten sechs Stunden, in denen wir über unsere Familien und Weltereignisse sprachen, erklärte er uns, wie er dreißig Tage Isolationshaft ertragen hat, hinter doppelten Türen, in einer Zelle von 5 Fuß [1.50 m] Breite und 7 [2.13 m] Fuß Länge, mit einer einzigen Glühbirne, die dauernd brannte. Man nahm ihm alle persönlichen Dinge weg, nur nicht seine Würde. Abwasser aus einer Toilette über ihm tropfte in seine Zelle, und die Kommunikation mit anderen Menschen war untersagt.

Die "Cuban Five" waren gerade zu der Zeit ins "Loch" geworfen worden, als sich der Tag ihrer Berufung näherte. Dies war eine Überraschung für die Menschen, die in aller Welt den Fall verfolgen, und es war auch eine Überraschung für einige der Wächter und Mitgefangenen, die Gerardo als Mustergefangenen kannten, bekannt für seine Hilfsbereitschaft.

Es gibt eine Redensart in Kuba, nach der Kubaner immer einen Weg finden können, ein Problem zu lösen, dass sich ihnen in den Weg stellt. Diese Einstellung ist Folge der Beschränkungen, die von der einseitigen Blockade der USA gegen Kuba geschaffen wurden. Als Gerardo Papier und Briefmarken, aber kein Briefumschlag erlaubt wurden, um seinem Anwalt Paul McKenna einen Brief zu schreiben, bastelte er sich einen Umschlag aus Gerichtspapieren und klebte ihn mit Zahnpasta zu, und das hat funktioniert.

Uns stellte sich die Frage, wie er mit derartigen Entbehrungen und dieser Grausamkeit fertig werden konnte, und als wir ihn danach fragten, sagt er: "Das galt nicht nur mir und den anderen vier Genossen, weil wir den Kampf des kubanischen Volkes repräsentieren. Ich habe das nie vergessen. Ich wußte, dass unser Volk hinter uns stand und alles tun würde, unseren Zustand bekannt zu machen und in die Welt zu schreien, um unsere Entlassung aus dem Loch zu erreichen. Ich wußte auch, dass alle Menschen die für die Solidarität mit "Free the Five" arbeiten, und andere, die für die Gerechtigkeit eintreten und von unserem Fall erfahren haben, für unsere Sache mobilisiert werden würden." Er fuhr fort und sagte: "Ich war auch stolz zu wissen, dass viele von Euch in den USA, die den Kampf für unsere Freiheit unterstützen, auch auf den Straßen waren, um gegen den Angriffskrieg der USA gegen das irakische Volk zu protestieren."

Inzwischen hat Gerardo damit begonnen, die Hunderte von Briefen zu beantworten, die während seiner Zeit im "Loch" weggeschlossen worden waren, und er bat uns im Namen der fünf jedem für seine Solidarität und seine Anstrengungen, sie aus dem Loch zu holen, zu danken.

Möglicherweise hat die Regierung der USA unterschätzt, wie viele Freunde die "Cuban Five" haben. Über eine Sache waren wir uns sicher als wir das Gefängnis verließen, nämlich dass wir Gerardo stärker und entschlossener erlebt hatten, denn je zuvor. Auch ist es sicher, dass die Solidaritätsbewegung weitergehen muß, um noch mehr Leute über die Ungerechtigkeit dieses Falles in Kenntnis zu setzen. Die Entlassung der "Cuban Five" aus dem Loch war ein Schritt vorwärts, aber ein echter Sieg wäre es erst, wenn Gerardo, Antonio, Fernando, Ramón und René wieder frei sind und in ihr Heimatland Kuba zurückkehren.

Deutsch: ¡Basta ya!

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