René

 

Brief von René González vom 7. April 2010

Liebe Freunde Josie und Dirk,

Nur ein kurzer Brief, um Eure Fragen bezüglich des Interviews mit der BBC zu klären. Ich beginne mit einer kleinen Geschichte der Umstände, die das Interview auslöste.
Nach der Unterzeichnung verschiedener Genehmigungen wurde mir am Ende die Gelegenheit gegeben, mit den Leuten der BBC telefonisch zu sprechen. Zu meiner Überraschung wurde ich Sekunden bevor die Verbindung mit einem Telefon in einem Gefängnisbüro hergestellt wurde, davon informiert, dass es verboten wurde, das Gespräch aufzuzeichnen, sodass sie auf einen schriftlichen Entwurf dessen, was gesagt würde, zurückgreifen müssten. Diese Nachricht war etwas enttäuschend, aber egal, ich fuhr damit fort, auf ihre Fragen zu antworten, um auf jeden Fall, die Gelegenheit zu nutzen.
Direkt nach dem Ende übermittelte ich unserem Personal an der Kubanischen Interessenvertretung in Washington meine eigene Version des Interviews, sodass sie die Fragen, die mir gestellt wurden, kennten. Nach einem Tag, oder so, erhielten sie die schriftliche Version der Leute von der BBC, die mit meiner sehr gut übereinstimmte. Ich war zufrieden mit der Art, wie sie das, was in dem Interview gesagt wurde, beschrieben.
Eine Kopie ihrer Version befindet sich in den Händen meiner Frau Olguita, die Euch diese Nachricht schicken wird. Ich habe ihr gesagt, sie möge Euch auch das vollständige Interview schicken. Ich habe den Eindruck, das verschiedene Leute verschiedene Ausschnitte der Unterhaltung mit der BBC bekommen haben, und wenn die gesamte Version ins Web gesetzt werden kann, könnte geklärt werden, was genau gesagt wurde. Natürlich würde mir nie einfallen, meine Version zu bringen. Einige Leute würden ihr die Glaubwürdigkeit absprechen, und, wie gesagt, die der BBC ist ziemlich genau.
Zurzeit bin ich nicht sicher, ob eine Aufzeichnung GEMACHT WURDE ODER NICHT. Einige Leute beziehen sich auf eine Aufzeichnung, und das wundert mich. Vielleicht hat ein Sprecher einige Passagen vorgelesen, und einige Leute glauben, es wäre meine Stimme. Wer weiß? Sämtliche Umstände rund um das Interview waren aus meiner Perspektive etwas merkwürdig.
Ich meine, Ihr könnt die gesamte Version von Olga ins Web setzen, sodass sie jeder komplett lesen kann.
Vielen Dank auch für den Artikel in der Zeitung [gemeint ist unser Artikel in der Sonderausgabe der "Roten Hilfe" zum Tag des politischen Gefangenen am 18. März]. Ich glaube allerdings, dass die Zeichnung ein wenig zu dramatisch ist. Ich bin weit entfernt von dem Mann, der mit brennendem Kopf in der Zelle sitzt. Ich glaube, es ist eine künstlerische Darstellensweise oder ein Weg, die Ungerechtigkeit unseres Falles zu übermitteln. Auf jeden Fall bin ich sehr dankbar für den Artikel.

Eine große Umarmung

René


Ausschnitte eines Telefoninterviews mit René González

von Matt Frei, BBC, 26. Februar 2010

"Ich kam mit den Organisationen in Miami in Kontakt, die über Jahre Gewalttaten gegen die kubanische Regierung verübten. Ich ging zu den "Brothers to the Rescue" (einer US-ansässigen Organisation kubanischer Oppositionellen gegenüber der Regierung Fidel Castros) und anderen ... Organisationen mit wunderschönen Namen, aber versessen auf Gewalttaten gegen Kuba. ... Meine Rolle bestand darin, die kubanische Regierung über jedwede ihrer Aktionen zu informieren.
Wir pflegen nicht die Bezeichnung Spionage darauf zu verwenden, die leicht manipuliert werden kann. Vor Gericht geht es um Spionage, wenn man auf Regierungsgeheimnisse aus ist... Ich würde sagen, dass ich verdeckt in kriminellen Organisationen arbeitete.
Es ist unfair, jemanden wegen des Kämpfens gegen den Terrorismus in Gefangenschaft zu halten. Ich habe meine Regierung über terroristische Aktivitäten informiert und plötzlich sehe ich mich mit 15 Jahren Gefängnisstrafe konfrontiert! Es wäre verrückt, wenn es nicht so politisch belastet wäre."

Ehefrau wird Visum verweigert

"Meine Frau hat mich seit 8 Jahren nicht mehr gesehen und Gerardos Frau hat ihn seit 12 Jahren nicht mehr gesehen, und das ist eine der grausamsten Maßnahmen, die die US-Regierung gegen uns unternommen hat.
Ich weiß es nicht, mag sein, dass sie versuchen, unsere Ehen zu zerstören, um unsere Moral zu brechen. Es ist sehr grausam.
Das letzte Mal, das ich sie sah, war an meinem Geburtstag 2000, und was Gerardo betrifft, so war sein letztes Mal 1997 oder 1998.
Sie [Olga] hat etwa acht Anträge gestellt... es wurde ihr acht Mal verweigert. Die Gründe variieren, aber grundsätzlich sagen sie, es sei eine nationale Sicherheitsbedrohung."

Gefängnisleben damals und jetzt

Direkt nach unserer Verhaftung kamen wir in Isolationshaft ... das war eine sehr rohe Behandlung damals. Es war ein Teil des gesamten Komplotts mit dem Ziel, uns einknicken zu lassen. Es dauerte 17 Monate, aber das ist Vergangenheit, und ich vermute, so haben sie ihren Job verstanden, um uns für das Verfahren weich zu klopfen. Danach kamen wir in die normalen Einrichtungen und bis jetzt kann ich mich darüber nicht beklagen.
Ich mache eine Menge Übungen. Ich habe einen Posten im Pausenhof. Wenn ich damit fertig bin, übe ich. Ich laufe. Dann gehe ich zurück in meine Zelle und lese viel. Ich mache einen Wirtschaftskurs der Universität von Havanna. Ich glaube, ich mache das Beste aus meiner Zeit hier.
Ich behandle jeden mit Fairness und erhalte die gleiche Behandlung. Manche Gefangene verstehen mehr von Politik als andere - sie sprechen mich an und stellen mir Fragen und versuchen meinen Standpunkt zu verstehen.

Obama und die Beziehungen zwischen den USA und Kuba

Es gab eine Zeit, in der ich etwas Hoffnung hatte, wegen der Art in der er sprach und wie er sich gab. Aber soweit ich es von hier sehe, ist er ein bisschen überempfindlich gegenüber dem rechten Flügel in seinem Land. Und bis jetzt sehe ich keine Verbesserung.
Sie forden von Kuba Konzessionen, die wir nicht machen können ... wir fordern von Ihrer Regierung keine Bedingungen zur Verbesserung der Beziehungen. Wir wollen normale Beziehungen mit Respekt für beide Systeme. Wir versuchen nicht, ihre Regierung zu stürzen, wir üben keinen Druck für einen Regimewechsel in den USA aus. Wir haben unsere eigene Regierungsform, und sie sollten das respektieren.
Meine Generation wuchs als Zeugen von Jahren der Aggression aus den USA auf ... wir sprechen von Terrorismus, Bomben, Schießereien - sodass meine Generation sehr gut versteht, dass wir das Recht haben, Kuba vor all' diesen Verbrechen zu schützen. Also ist es nicht nur die Regierung sondern die gesamte Gesellschaft, die unsere Sache versteht.
Und niemand in Kuba wäre damit einverstanden, normale Beziehungen mit einem Land wieder herzustellen, das fünf von Kubas Söhnen im Gefängnis hält, weil sie ihr Land verteidigt haben.

Deutsch: ¡Basta ya! (jmb, db)

 

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